20130704

Schnuppern bei der TID

Mit der TID von Ingolstadt bis Wilhering

Die Donauanrainerstaaten


Die TID ist eine einmal jährlich stattfindende „Tour International Danubien“ von Ingolstadt (Deutschland) bis Sf Gheorghe am Schwarzen Meer (Rumänien), mit dem Ziel, die Donauanrainerstaaten sportlich-freundschaftlich zu verbinden.


2013 hat die TID zum 58. Mal stattgefunden und ich wollte diesmal dabei sein. Wenigstens ein Stück des ab Ingolstadt noch 2455 km langen Weges dieses völkerverbindenden Stromes bis zu seiner Mündung im Schwarzen Meer.



Es versteht sich von selbst, dass alles hier Angeführte nur die subjektiven Eindrücke eines Teilnehmers sind, die keinerlei Anspruch erheben, Geist und Organisation der TID auch nur annähernd abzubilden. Vielleicht ist dieser Bericht aber für den einen oder anderen Kanuten oder Ruderer eine Entscheidungshilfe, es einmal selbst mit der TID zu versuchen.

Abendstimmung

Die Anreise

Dankenswerterweise nimmt meine Frau es auf sich, sowohl mich, als auch meinen Aerius Langeiner Kajak von Klepper und meine Bootssäcke mit Ausrüstung von Leonding bei Linz, in Österreich, nach Ingolstadt zu fahren und dann abzuwarten, ob ich es – wie eine Brieftaube – wieder schaffe, irgendwie nach Hause zurückzufinden.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Gasthof „Auwaldsee“ setzt sie mich am Zeltplatz des Bootshauses aus um nach Hause zu eilen, wo am Wochenende eine ganze Latte von Sommerfesten stattfinden, an denen eigentlich auch ich hätte teilnehmen sollen.

Erste Eindrücke

Der Tag meiner Anreise ist Freitag. Die 58. TID soll, nach ihrer offiziellen Eröffnung am Samstagabend, Sonntagfrüh losgehen. So habe ich viel Zeit, meine ersten Eindrücke noch am Trockendock zu sammeln. Das erste, was mir auffällt, ist, dass die TID zum großen Teil aus „Alten Hasen“, natürlich auch Häsinnen, besteht, die einander oft schon seit Jahrzehnten kennen. Manche von ihnen kommen zur Eröffnung nach Ingolstadt, ohne anschließend mitzufahren, nur um alte Bekanntschaften aufzufrischen. Manche sind bei der Eröffnung dabei und steigen erst später auf einer Teilstrecke durch irgend ein südöstliches Land ein. Ich treffe PaddelkollegInnen, die schon seit mehr als 20 Jahren dabei sind.

Clubgelände in Ingolstadt


Ein Ehepaar aus Österreich spricht mich an und wird damit für mich als TID-Neuling zum sozialen Brückenkopf in dieser großen Gemeinschaft. Die beiden erzählen mir von ihren Erfahrungen als Paddler und als langjährige TID-Vertraute.

Um uns seelisch auf die nächsten Tage vorzubereiten, öffnet der Himmel bereits am Vormittag zeitweilig seine Schleusen. Gerade als ich meinen Plan, zu Fuß die Innenstadt zu besuchen, aufgeben will, kommt die Sonne durch. Meine neuen österreichischen Freunde laden mich ein, mit ihnen den etwa zwei km weiten Weg in die Stadt zu gehen, was ich gerne annehme. Dort angekommen, essen wir am Viktualienmarkt unsere Weißwurst mit Laugengebäck-Brezen und dopen uns für den nächsten Tag mit einem kleinen Bier. Klein heißt in Bayern ein halber Liter. Um meinen Begleitern und ihren Freunden, die sie in der Stadt inzwischen getroffen haben, nicht auf die Nerven zu fallen, bedanke ich mich für die Begleitung und mache mich alleine auf, die Stadt zu besichtigen. Es findet gerade ein großes, sympathisches Multikultifest mit Essen, Tanz und Gesang statt, wo ich bei ein paar der angebotenen süßen Imbisse nicht widerstehen kann.

Samstagabend ist der Zeltplatz bereits gerammelt voll und mein auf dem Bootswagen ruhendes Kajak neben meinem kleinen Zelt ist hoffnungslos zugeparkt. Macht aber nichts, weil nächsten Tag ohnehin alle miteinander aufbrechen. Neben sozusagen „normalen“ Booten fallen mir viele Wasserfahrzeuge auf, deren Kapitäne ein gewisses Bastlertalent offenbaren. Vom selbst mit LKW-Planenstoff überzogenen Faltbootgerippe bis zur komplizierten Besegelungen mit Auslegern ist alles dabei. Im Laufe der nächsten Tage werde ich mit den mehr oder weniger guten Fahreigenschaften der einzelnen Boote vertraut werden. Es sind übrigens nicht nur Kanuten, sondern auch Ruderer dabei. Nach der TID ist man ganz sicher Experte in Boots- und Ausrüstungsfragen fürs Flusswandern.

Marke Eigenbau
 

Hauptsächlich wegen der langen Zeit, die eine Befahrung der ganzen Donau erfordert, und wegen der langjährigen Teilnahme vieler, liegt der Altersschnitt der TID-ler relativ hoch und wir alle sind froh um sechs AbiturientInnen aus Deutschland, die sich heuer den Donauwellen auf Ruderbooten anvertrauen. Diese jungen Leute und ein Vierjähriger, der mit seiner Mama ein Teilstück mitfährt, bevor die beiden das Abenteuer dem Papa alleine überlassen, helfen, den Altersschnitt ein bisschen zu drücken. Andererseits freue ich mich, mit meinen stark zum Weiß tendierenden verbliebenen Haaren bei der TID altersmäßig nicht sonderlich aufzufallen.

Sicherheitsschulung

Um 17 Uhr gibt es eine Sicherheitsschulung. Ich beneide den Mann nicht um seine Aufgabe, den mehr als hundert mit allen Wassern gewaschenen Individualisten grundlegende Sicherheitsfragen zu vermitteln. Er macht das aber extrem gut und bringt fast alle dazu, auf der Fahrt ihre Schwimmwesten zu tragen. Ich selber habe das bisher nur gemacht, wenn es – z. B. bei Schleusungen – unumgängliche Vorschrift war. Jetzt sehe ich es etwa so wie das Tragen eines Sicherheitsgurts, den man ja auch hoffentlich nie braucht, der aber ganz nützlich ist, wenn es mal kracht. Außerdem ist man die Sorge los, wo man das voluminöse Ding im winzigen Boot verstauen soll. Es gibt Hinweise zu den grünen Bojen links und den roten rechts, Hinweise auf Riesenschiffe, die sich lautlos von hinten nähern, Hinweise auf den mehrere hundert Meter weiten Toten Winkel von Frachtern, was uns endgültig davon überzeugt, lieber selber zu reagieren als unsere Sicherheit in die Hände der Steuermänner der großen Schiffe zu legen. Wir werden mit der frappierenden Eigenschaft von Bojen und Brückenpfeilern vertraut gemacht, sich bei starker Strömung wesentlich schneller zu nähern, als man das je vermuten würde und über sinnvolles Verhalten bei aufziehenden Gewittern. Nicht uninteressant sind auch Informationen über das, was uns durch den zurzeit hohen Wasserstand der Donau bei Bootsgassen und Umtragestellen erwartet.

Nach dieser Schulung kommen noch Informationen darüber, was sich die deutsche Flussbürokratie, so alles ausgedacht hat, um die TID-Paddler zu quälen, z. B. Links oder Rechtsfahrgebote auf bestimmten Flussabschnitten oder Zeitfenster, die von TID-Fahrern auf Teilstrecken eingehalten werden müssen und welches Verhalten von uns bei Schleusungen erwartet wird. Lernt man die Strompolizei bei den abendlichen Empfängen näher kennen, stellt sich aber heraus, dass das eigentlich ganz nette und umgängliche Leute sind. Wie schauen lebensfremde Bürokraten eigentlich aus und wo verstecken sie sich?

Die Organisationsform der TID

Bei meiner Anmeldung zur TID hatte ich den Eindruck einer zentralen Organisation, was sich bei näherem Hinsehen als völlig falsch erwies. Meine Anmeldung bei der deutschen TID, die ich im Internet gefunden hatte, war dadurch zunächst an die falsche Adresse gerichtet. Hätte ich bei Google statt „tid“ einmal „tid austria“ eingegeben, wäre mir das auf nationale Verbände gestützte Organigramm früher aufgegangen. So wie ich es jetzt verstehe, gibt es Landesorganisationen aller Donauanrainerstaaten, bei denen man sich anmeldet und auch den Teilnahmebeitrag bezahlt. In jedem Land ist jemand dafür verantwortlich, die Teilnehmer der TID, die durch dieses Land paddeln oder rudern, unfallfrei, gesund und wohlgenährt an das donauabwärts liegende Nachbarland weiterzureichen. Letztere Eigenschaft ist nicht so ernst zu nehmen, weil manche TID-ler ihre Fahrt auch als Schlankheitskur anlegen. Trotzdem sorgen viele der Gastgeberklubs der verschiedenen Länder für üppige Verpflegung an den Abenden, bei denen es meist auch Empfänge der lokalen Prominenz mit Vorstellung der Teilnehmernationen und Reden, manchmal sogar Musik, gibt. Die Gastgeberklubs sind durchwegs sehr bemüht, alles zu tun, um den TID-Teilnehmern das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Das ist 2013 bei den deutschen Klubs besonders bemerkenswert, weil die Bootshäuser und Zeltplätze mancher Vereine noch zwei Wochen zuvor von einem unglaublichen Hochwasser betroffen waren.

Auf der Fahrt selber gibt es für die Kanuten zwar die selbstverständliche Verpflichtung zur gegenseitigen Hilfeleistung im Notfall, aber sonst völlige Freiheit für die Gestaltung der Fahrt von A nach B, sowohl was Abfahrtszeit, Geschwindigkeit oder Pausen betrifft. Lediglich im Fall von Problemen oder wenn man es nicht schafft, bis 18 Uhr des jeweiligen Tages am Zielort anzukommen, ist man verpflichtet, das TID-Telefon, welches von einem Landesverantwortlichen an den anderen weitergereicht wird, anzurufen.

Der Start in Ingolstadt zur Fahrt nach Kelheim

Sonntag Früh regnet es noch ein bisschen, was heißt, ein nasses Zelt einzupacken. Die Abfahrtszeit ist für ungefähr neun Uhr vorgesehen. Weil ohnehin nicht alle gleichzeitig die Abfahrtsrampe benutzen können und weil der frühe Vogel den Wurm fängt, bin ich bereits um halb neun am Wasser. Es ist kühl, was durch einen leichten Sprühregen noch verstärkt wird. Es folgt ein schöner Flussabschnitt mit der Staustufe Vohburg und dem Höhepunkt des heutigen Tages, dem Donaudurchbruch beim Kloster Weltenburg. Weltenburg ist nicht nur Kloster, sondern auch Brauerei und Gasthof, was auf mich sehr einladend wirkt. Wie die vielen, malerisch auf der Schotterbank vor dem Kloster liegenden Kajaks und Canadier kurze Zeit später zeigen, nicht nur auf mich. Kurz nach mir landen der ehemalige und der amtierende Österreich-Verantwortliche der TID und ich gehe mit ihnen in Richtung Gasthof. Dort nehme ich ein „Dunkles“ sowie eine – sehr empfehlenswerte – Klosterwurst mit Gemüse und Rahmsauce zu mir. Dabei beginne ich zu ahnen, dass Paddeln nicht immer in einem Gewichtsverlust münden muss.

Donaudurchbruch


Anlanden auf der Schotterbank vor dem Kloster Weltenburg


Die heutige Fahrt endet nach 45 Tageskilometern nach Einfahrt in den Main-Donau-Kanal an einer breiten, steilen Grasrampe, zu der wir durch einen Nebenarm, der mit einem Riesen-TID-Wimpel gekennzeichnet ist, vordringen. Zwei freundliche Paddelkollegen helfen mir, mein schweres Boot die steile Wiese hochzuziehen und auf dem Bootswagen zu platzieren. Dann geht es etwa 400 m in Richtung eines Sportplatzes, auf dem schon die ersten Zelte stehen. Ich suche mir einen Platz nahe an der Umzäunung aus. In wenigen Minuten ist das von der Früh noch nasse Zelt aufgestellt und hat Zeit zum Trocknen. Eine Stunde später habe ich bereits ein gemütliches, trockenes Zuhause, in dem ich mich wohl fühle. Vom Zeltplatz aus ist die Befreiungshalle Kelheim zu sehen.

Ankunft in Kelheim



Befreiungshalle


Abends gibt es den ab nun täglich üblichen Empfang des Gastgeberklubs mit Bürgermeister und heute auch mit Freibier und bayrischen Laugenbrezen. Beim anschließenden Briefing für das nächste Teilstück lerne ich zwei der von uns vier, neben der österreichischen Fahrtenleitung, auf dieser Teilstrecke fahrenden Österreichern kennen. Wir stellen uns gegenseitig vor und tauschen unsere ersten Eindrücke aus, denn wir alle drei sind TID-Neulinge.

Montag Kelheim - Regensburg

Nach Morgenmarsch zur Grasrampe und Einsetzen des Bootes geht es in Richtung der attraktiven Stadt Regensburg. Heute sind am Fahrplan nur 30 km vorgesehen. Ich freue mich schon sehr auf die Besichtigung der Stadt, die ich bereits früher schon mal besucht habe. Auf der Fahrt ist zunächst wegen einer gesperrten Bootsgasse umzutragen und dann kommt der Stauraum Bad Abbach mit anschließender Schleusung. Vor der Schleuse legen einige Boote einen ordentlichen Sprint hin, da sich von hinten ein Frachtschiff nähert und wir noch mitkommen wollen. Nachdem das Schiff in der Schleusenkammer ist und wir nur mehr knapp dahinter, springt die Schleusenampel auf rot. Lange Gesichter und grollende Gedanken bei uns. Die Kammer bleibt aber offen und nachdem der Frachter ganz nach vorne gefahren ist, erlöst uns wieder das grüne Licht, das die Schleuse auch für uns freigibt!

Das anschließende Teilstück nach Regensburg fahre ich zusammen mit einem meiner beiden österreichischen Kollegen. Er ist nebenberuflich Imker und ich erfahre dabei eine Menge über Bienen und die Zunft der Imkerei. Durch das Gesrpräch wird es zu einer der kurzweiligsten Strecken auf der ganzen Fahrt!

Nach Ankunft beim Regensburger Kanu-Klub folgt Zeltaufbau und Marsch in die Stadt. In meinen Eingeweiden wühlt der Hunger, weil ich heute außer meinem persönlichen Kraftfutter, zwei getrockneten Feigen und einer Mozartkugel, nichts gefrühstückt habe und es jetzt bereits früher Nachmittag ist. Mein Freund und ich werfen daher zunächst nur einen kurzen Blick auf die Steinerne Brücke und fallen dann gleich in einem italienisches Restaurant ein, wo wir uns jeder für eine Pizza entscheiden. Als die beiden geliefert werden, stellt sich heraus, sie sind wagenradgroß und hängen noch zehn cm über den Rand des Riesentellers. Wir ersuchen einen zufällig vorbeikommenden Kollegen aus Deutschland, ein Beweisfoto zu schießen, weil uns das sonst niemand glauben würde. Dann machen wir uns ans Werk. Trotz meines Hungers schaffe ich mein Teigstück nicht zur Gänze. Mein Freund lässt sich ein Viertel des seinen sogar einpacken. Als Frühstück für morgen.

Jetzt ist bei uns wieder freie gedankliche Kapazität zur Stadtbesichtigung vorhanden. Komischerweise ist der Magen noch nicht so voll, dass sich nicht auch noch zwei Eiskugeln hineinzwängen ließen.

Beim Marsch zurück zum Zeltplatz begegnet uns neben entgegenkommenden Kollegen auch ein saftiger Regenguss, den wir unter dem Dachvorsprung einer Garage abwettern.
Beim Zeltplatz angekommen, stellt sich dieser als gerammelt voll dar. Zwischen den Zelten ist kaum noch Gras sichtbar.

Dicht belegte Zeltstadt


Was folgt, ist ein heftiger Gewitterregen, das Briefing für morgen, eine abendliche Bratwürstelsemmel mit süßem Senf – erstaunlich, was in einen hineinpasst – und ein SMS nach Hause, bevor der Sandmann kommt.

Dienstag Regensburg – Straubing

Der Dienstag hat's in sich. Das weiß ich aber in der Früh noch nicht. Nun der Reihe nach. Ich fahre mit einem meiner österreichischen Freunde um sieben Uhr ab. Schöne Einsetzstelle beim Klub. Nach eineinhalb Kilometern kommt die Bootsgasse Regensburg. Sie ist gesperrt. Interessanterweise steht auf einer Leuchttafel „Wegen Niedrigwasser“, obwohl die Wehrüberläufe nur so rauschen. Von einer Besichtigung gestern wissen wir, dass die offiziell gesperrte Gasse fahrbar ist. Keck gleiten wir hinein und absolvieren sie problemlos, wenn man davon absieht, dass ich, weil ich zu langsam einfahre, mit dem Paddel nachhelfen muss, um endlich ins Rutschen zu kommen.

Es folgt die berühmte Steinerne Brücke, bei der wir beim gestrigen Briefing darauf hingewiesen wurden, keinesfalls das erste Joch, sondern das zweite oder dritte zu nehmen, um bei der vorliegenden starken Strömung keine Schwierigkeiten mit den dahinter liegenden Schiffen zu bekommen. Ich fahre das dritte Joch an und mein Boot wird schön gerade durchgespült und bei den folgenden Wirbeln nur ein bisschen gebeutelt. Dann geht es weiter, zunächst an der für Regensburg namensgebenden Regen-Mündung vorbei und später an der links hoch oben liegenden Walhalla.
Eine Stunde später spielt sich hinter uns ein Drama ab, weil ein ausländischer Paddelkollege, der gestern vielleicht wegen mangelnder Deutschkenntnisse die Warnung vor der Brücke nicht mitbekommen hat, durch die erste Brückenöffnung fährt und mit dem Boot unter ein Schiff gezogen wird. Ein Schweizer Kollege, der vor ihm lag, hilft ihm beim Aufsammeln von Boot, Paddel und Ausrüstung und berichtet, dass innerhalb von Minuten Wasserpolizei, Rettung, Feuerwehr und ein Hubschrauber da waren. Gott sei Dank wurde niemand verletzt. Der betroffene Paddler wurde von der TID-Leitung lediglich ersucht, diesen Tag auszusetzen, um nicht durch einen eventuellen Schock gefährdet zu sein.

Wir bewegen uns inzwischen im Stauraum Geisling und tragen bei der Umsetzanlage etwa 400 m weit um. Bei den Schützen des dortigen Wehrs läuft das Wasser in solchen Massen über, dass es bei der Einsetzstelle für unsere Boote noch so kocht, dass diese beim Einsteigen ordentlich durcheinandergewirbelt werden und drohen, gegen die Betonwand zu prallen. Wir helfen uns gegenseitig, indem wir die abfahrenden Boote im Wasser stehend mit beiden Händen halten. Der oder die Letzte musste den Einstieg allerdings alleine managen. 

Hoher Wasserstand


Was dann folgt, ist eine lange Strecke bei Regen bzw. Starkregen. Als es wie aus Kübeln schüttet, nehmen wir die Ästhetik so eines Wetters auf dem Wasser wahr. Riesentropfen knallen auf die Wellen und bilden vor uns ein unnachahmliches Muster. Ich bin, trotz Anoraks, komplett durchnässt. Solange ich mich bewege, ist mir trotzdem nicht kalt.

Gegen Mittag machen einige von uns eine Pause in einem Wirtshaus in einem wegen eines Damms vom Fluss aus kaum wahrnehmbaren Dörfchen. Im Gastraum komme ich drauf, dass ich unter meinem Anorak immer noch meine Schwimmweste anhabe. Dort bollert ein Ofen und wir essen „Saure Zipfel“, gekochte, wie Forelle Blau zubereitete Bratwürste. Offenbar eine bayrische Spezialität. Gegen die Kälte trinke ich ein Bier.

Noch immer pitschnass steigen wir wieder in unsere Kajaks und fahren bei unterschiedlich starkem Regen weiter nach Straubing. Als sich die Donau teilt, halten wir uns außerhalb der Schifffahrtsrinne rechts, wo wir bald den Straubinger Kanu-Club erreichen und rechts über eine Stiege zunächst auf eine Fläche kommen, die wegen des fürchterlichen Regens und der vielen Paddler mit ihren Booten bereits zerwühlt ist, wie ein Wildschweingehege. Dann müssen wir mit unseren Booten einen steilen Damm überwinden, um zum Zeltplatz zu kommen. Bei all diesen Tätigkeiten werden wir von unerschrockenen TID-MitarbeiterInnen und Mitgliedern des Straubinger Kanu-Clubs im strömenden Regen aufopfernd unterstützt. Der Zeltaufbau erfolgt bei Regen. Alles, was nicht in Bootssäcken verstaut ist, ist nass. Wenn der Regen vorübergehend aufhört, versuchen alle, bei einem von den tapferen Straubingern aufgebauten, aus einem Blechfass gefertigten Ofen, wenigstens einige ihrer Kleider zu trocknen. 

Wäschetrockner


Im Bootshaus, an den Zäunen, in einer Garage, im Aufenthaltsraum, überall hängen die nassen Kleider der mehr als 100 Leute unser internationalen Gruppe. Die Stimmung ist trotzdem gut und ausgelassen. Die Ungarn kochen Gulasch für uns, Semmeln werden verteilt und wir lassen uns das bayrische Bier schmecken.
Abends ist Bürgermeisterempfang. Jeder versucht irgend ein Plätzchen zu finden, wo es nicht hinregnet. Neben der Nässe wird es nun auch noch relativ kalt.

Mittwoch Ruhetag

Gestern haben wir 55 Kilometer gemacht, übermorgen sollen es 60 werden und am Freitag 52. Aber heute ist Ruhetag. Der Regen hat aufgehört, am ganzen Gelände hängt feuchte Wäsche herum, es wird ein Frühstücksbuffet angeboten und ich lausche den Erzählungen einiger erfahrener TID-ler. So muss es 1849 beim Gold Rush im Kalifornien zugegangen sein. Nur dass neben abgehärteten Männern hier auch viele Frauen mitmischen, von denen man eine Menge über das Leben auf dem Wasser und in der Natur lernen kann. Aus den Gesprächen entnehme ich viele Tipps, betreffend die Qualität von Booten und Ausrüstungsgegenständen und einiges über die Schönheit oder die Befahrbarkeit deutscher Flüsse.

Ein „Alter“ erzählt auch von einem schweren Unfall viele Jahre zuvor. Im damals noch tschechoslowakischen Teil der Donau wurde ein Zweierkajak an eine Boje getrieben, blieb dort hängen und wurde von der dort extrem starken Strömung unter Wasser gezogen. Einer der beiden Paddler kam aus dem Boot noch heraus, während der andere nur noch tot geborgen werden konnte. Es wird auch von einem Kollegen erzählt, der auf der Fahrt einen Herzinfarkt erlitt und gestorben ist und von vielen anderen kleineren und größeren Unfällen, die sich im Laufe der Zeit ereignet haben.

Einige erzählen von den Fahrten durch das Eiserne Tor, den Strapazen durch die dort häufigen Fallwinde und der Anstrengung der es manchmal bedarf, gut durch diese Enge zu kommen. Manche der weit gepaddelten TID-ler erzählen auch vom serbisch-rumänischen Kraftwerk Djerdap I und seiner beeindruckenden Doppelschleuse, mit der 30 Meter Höhenunterschied bewältigt werden.

Für 10 Uhr ist heute eine Stadtführung in Straubing vorgesehen. Ohne viel Vertrauen in die Sinnhaftigkeit meines Tuns, hänge ich vorher noch einige Kleidungsstücke an einem Zaun und einer am Zelt befestigten Wäscheleine auf. Ein Blick zum Himmel zeigt Trübes. Dann marschiere ich zum Treffpunkt und mit der Gruppe in die Stadt.

Wir gehen in ein Museum mit römischen Funden, erfahren etwas über die Geschichte der Stadt und die Agnes-Bernauer Festspiele, die alternierend zur Landshuter Hochzeit stattfinden und einer Agnes Bernauer gedenken, die im 15. Jahrhundert eine Beziehung mit Herzog Albrecht III eingegangen war, und weil diese als nicht standesgemäß galt, von den Mächtigen ihrer Zeit beiseite geräumt und umgebracht worden ist. Natürlich hat man sie nicht einfach ermordet, sondern formalrechtlich höchst sauber der Zauberei (eines Liebeszaubers) angeklagt, verurteilt und erst dann – wie es dem Recht entsprach – in der Donau ertränkt.

Nach der Führung gehe ich mit meinem österreichischen Imker-Freund in ein Lokal im Zentrum essen. Dann geht es zurück zum temporären Heim. Ich hole die inzwischen trockene Wäsche ein und gehe dann wieder in die Stadt bummeln und ein paar Fotos schießen. Das Wetter scheint immer besser zu werden!

Abends erfahre ich, dass das Wetter auch morgen trocken sein soll. Beim Briefing für den nächsten Paddeltag werden wir über die strengen wasserpolizeilichen Auflagen für die TID informiert. Wegen der Hochwasserschäden in Winzer wurde zudem der Zeltplatz verlegt und wir müssen statt der ursprünglich vorgesehenen 60 km 64 km paddeln. Dafür verkürzt sich die Strecke am darauffolgenden Tag entsprechend.

Donnerstag Straubing - Winzer

Obwohl ich durch Boote und Zelte „zugeparkt“ bin, gelingt es mir, weil sich der Zeltplatz langsam lichtet, einen Weg durch das Labyrinth zu finden und um acht Uhr zu starten. Ich setze an einem alternativen Platz ein, an dem es eine schöne Rampe und ein gutes Kehrwasser gibt. Der Weg dort hin ist zwar etwa einen Kilometer lang, aber er zahlt sich aus. Es folgt eine ruhige, schöne Fahrt. Wegen des hohen Wasserstandes gibt es leider fast keine Schotterbänke, die die hier schön mäandernde Donau sonst so romantisch machen.

Nach 35 km macht die ganze Gruppe in „Willis Saustall“ Mittagspause. Es gibt Schweinesteak, Salat, Beilagen und Kuchen.

Bei der Weiterfahrt bemühen wir uns, die durch die Wasserpolizei verordneten Zeitfenster für die Passage Isar-Mündung oder die Mühlhamer Schleife einzuhalten und bei den jeweiligen Strecken auch die gebotene Fahrseite zu benutzen, was ein Einzelpaddler kaum tun würde, weil er oder sie einfach nach Vernunft und Hausverstand handelt.

Das letzte Stück auf unserer heute 64 km langen Reise nach Winzer haben wir Sonne! Ganz was Neues! Wir erreichen einen großen Zeltplatz, dem das vergangene Hochwasser noch etwas anzusehen ist. Die KollegInnen dort haben sich ordentlich Mühe gegeben, die TID würdig zu empfangen. Es gibt Kaffee, Kuchen, Abendessen, Getränke, alles was das Paddlerherz begehrt. Um 18 Uhr gibt es eine Rede von Bootsclub-Leiter, Bürgermeister, Landrat. Die teilnehmenden Nationen werden vorgestellt, der Bürgermeister spendet ein Fass Freibier.


Freitag Winzer - Erlau

Abfahrt um 6.15 Uhr. Bei guter Strömung kommen wir durch Vilshofen über den Stauraum und das Kraftwerk Kachlet. Umtragen bei Kachlet, weil mir das Warten auf die Schleusung zu lange dauern würde. Um 11.45 Uhr fahre ich durch Passau. Laut Wasserpolizei müssen sich die TID-Wasserfahrzeuge hier links halten, was durchaus vernünftig ist, weil rechts die vielen in Passau liegenden Passagierschiffe fahren oder auf dieser Seite starten. Ursprünglich wollten uns die Behörden hier im Pulk fahren lassen, aber die deutsche TID-Leitung hat ihnen das dann doch ausreden können. Die Fahrt durch Passau ist unkompliziert und schön. Manchmal gibt es durch Schiffe und Kaimauer verursachte hohe Kreuzwellen, die aber keine wirklichen Probleme machen. 


Innmündung

Nach Passau kommt mir ein Frachtschiff entgegen, das harmlos aussieht, es für mich aber in sich hat. Ich fahre am relativ flachen rechten Rand der Donau. Die Kielwelle des Schiffes ist eng und hoch. Trotzdem kein Problem. Da sehe ich, wie sich die Welle immer mehr spitz aufbaut und genau vor meinem Bug bricht. Damit schwappt eine Wassermenge über mein Deck, die durch den Drei-Zentimeter-Süllrand meines Bootes nicht bewältigbar ist. Da ich ohne Spritzdecke fahre, kriegt das Boot eine Menge Wasser ab und ich bin von Kopf bis Fuß durchnässt. An einem Sonnentag stört so etwas aber nicht weiter.

In Erlau angekommen, sehe ich mit einigem Entsetzen, dass der Ausstieg mit zwei hohen Stiegen für schwer bepackte Boote alles andere als ideal ist. Irgendwie und mit Hilfe zweier herbeigeeilter ungarischer Kollegen gelingt es mir, mein Faltboot über die mit spitzen Steinen gespickte Hürde und nachher auf meinen Bootswagen zu bekommen.

Obwohl der Platz riesig ist, gibt es nur wenige Stellen auf denen mehr Gras zu sehen ist, als getrocknete Schlammreste. Ich suche mir eine geeignete, baue mein Zelt auf und mache mich dann daran, mein Boot mit dem Schwamm trocken zu legen. Bei der Menge, die hereingeschwappt ist, dauert das eine Weile.

Um 17 Uhr gehen wir essen. Es gibt gebratenes Fleisch, Nudelbeilagen, Salat und Semmeln. Eine Stunde später, fängt es plötzlich sehr heftig zu regnen an. Der Regen hält etwa 30 Minuten an und hört dann ebenso plötzlich auf, wie er begonnen hat. Die Inspektion meines Zeltes ergibt einen innen nassen Zeltboden. Jetzt bleibt mir zum Schlafen nur der trockene Streifen meiner 50 cm Thermomatte. Nach einiger Überlegung verbreitere ich die Trockenzone mit Hilfe der leeren Bootssäcke für Thermomatte, Zelt und Schlafsack um weitere 20 cm und rette somit meine Nachtruhe.

Samstag Ruhetag

Heute ist wieder Ruhetag. Eine Busfahrt nach Passau wird angeboten. Die Rückfahrt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln selbst zu organisieren. Der Zeltplatz ist noch sehr nass und es gibt viele Wasserlachen.

Passau


Um 9 Uhr fährt der Bus ab, bringt uns zunächst auf die Veste Oberhaus, wo wir 20 Minuten lang Fotos schießen dürfen und dann in die Stadt. In einer lockeren Gruppe, zwei Deutsche, ein Schweizer und drei Österreicher, besichtigen wir die Stadt und nehmen etwas underdressed am Schlussteil einer sehr festlichen Messe mit Bischof und opulentem Orgelspiel teil. Es dürfte sich um eine Priesterweihe oder etwas ähnliches handeln. Anschließend gehen wir essen. Dann löst sich unsere Gruppe in Einzelpersonen auf, um sich später in einem Outdoorladen wieder zu treffen, wo wir essenzielle Teile unserer Ausrüstung ergänzen.

Dann besuchen wir ein Riesen-Elektronikgeschäft, weil einem von uns eine Kamera fehlt, die er aber dann doch nicht anschafft und schließlich gehen wir zum Bahnhof, um unseren Bus nach Erlau zu besteigen. Wahrscheinlich kommt es nur einmal im Jahr vor, dass der Bus um 15.50 von Passau nach Erlau wirklich voll ist. Daher muss es für die echten Erlauer ein Schock sein, als sie unseren Bus betreten. Ein Mädchen schreit nach dem Einsteigen entsetzt auf: „Was ist das denn für eine Veranstaltung?!“

Abends gibt es die Abschiedsfeier von der deutschen TID. In diesem Rahmen führe ich ein Gespräch mit einem jungen Serben, der gerade sein Studium beendet. Wir unterhalten uns auf Englisch. Er fährt die TID bis zum Schwarzen Meer. Für die Zeit nach Abschluss seines Studiums sieht er in seiner Heimat für sich kaum eine Perspektive und plant daher für eine gewisse Zeit irgendwo ins Ausland zu gehen, um das Startkapital für ein Geschäft mit landwirtschaftlichem Hintergrund in Serbien zu verdienen. Den Auslandsaufenthalt sieht er nicht als solchen als Wert an. Lieber würde er in seiner Heimat, bei seinen Freunden bleiben. Alles was er sagt klingt sehr vernünftig. Er hat ganz konkrete Pläne und weiß genau was er will. Ich denke, er wird seinen Weg machen und nicht zur „Verlorenen Generation“ seines Landes gehören.
Später lade ich mein Handy mittels eines geliehenen USB-Ladepacks auf, ein Gerät, das man zu Hause aufladet, um es später von seinem Handy „aussaugen“ zu lassen. Sehr praktisch. Der Akku meines Smartphones hat überhaupt nur so lange gehalten, weil ich es abends immer nur kurz zum Empfangen und Versenden von SMS verwendet habe. Der Akku meiner wasserdichten Outdoor-Kamera funktioniert jetzt, nach mehr als einer Woche, immer noch gut.

Sonntag Erlau – Inzell

Um 8 Uhr bin ich bereit zur Abfahrt. Jemand hat am Zeltplatz einen alternativen Einstieg entdeckt, mit der man die für unsere Zwecke schlechte Einsetzstelle des Platzes umgehen kann. Leider ist diese provisorische und etwas verschlammte Rampe von einem selbst gebastelten Riesenboot verstellt. Der Besitzer macht keine Anstalten, in der nächsten Zeit aufzubrechen. Ich entschließe mich daher um halb neun, einen anderen Einstieg zu suchen. Ich finde ihn nach einem Marsch mit Boot auf Bootswagen im Fluss Erlau, nahe der Hauptstraße. Von dort geht es flott zum Kraftwerk Jochenstein, wo die Umtragestelle gesperrt ist. Wir warten auf eine Möglichkeit zur Schleusung, die sich mit der Einfahrt des Personenschiffes „Passau“ ergibt. Nach einem längeren Sprint zur Schleusenkammer reihen wir uns hinter der Passau ein und ich halte mich an einer der Schleusenleitern fest. Kurz darauf hängt eine Traube von fünf Booten an meinem Kajak. Das gleiche Bild ist auch an anderen Leitern im hinteren Bereich der Schleuse zu sehen, als wir gemeinsam die Reise nach unten antreten.

Nun beginnt der eigentliche Weg zur ersten Station in Österreich, nach Inzell. Vorbei geht es am Ort Engelhartszell, am Stift Engelszell, wir ziehen durch die Schlögener Schlinge, wo wir eine halbe Stunde lang von einem heftigen Gegenwind empfangen werden. Durch den Verlauf der Schlinge hört der Wind aber dann plötzlich auf und wir fahren im hier eher engen Donautal an der rechten Seite Innzell an, ein winziges Dörfchen, das fast nur aus zwei Gasthäusern, einem Bio-Bauernhof und einigen wenigen weiteren Häusern besteht, aber bei Radfahrern und Wassersportlern sehr bekannt ist und einen guten Ruf genießt.


Inzell

Die Boote der TID verlassen die Donau nach 33 Tageskilometern über eine Anlegestelle, die Rampe einer Längsfähre oder eine ein Stück stromabwärts liegende sehr gute, flache öffentliche Rampe. Von dort ziehe ich mein Kajak auf dem Bootswagen zum wunderbaren Zeltplatz des Gasthauses Steindl und beginne mit dem Aufbau meines temporären Eigenheimes. Dann gibt’s Bier, ein spätes Mittagessen und nochmals Bier, um die Nieren zu spülen. In einer lockeren Gruppe besprechen wir die Erfahrungen des heutigen Tages. Abends gehe ich zum Biobauernhof auf eine Ziegenwurst mit Ei, Tomate, Vollkornbrot und Birnensaft um dann die heutige Info-Veranstaltung zu besuchen. Ab jetzt übernimmt die österreichische TID-Leitung die Verantwortung. Die deutsche TID-Leitung war echt gut und die österreichische startet gleich mit einem Highlight, einem kleinen Heftchen, das jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin bekommt und in dem die gesamte österreichische Strecke mit allen Kraftwerken, Schleusen und Umtragestellen verzeichnet ist. Der neue Leiter informiert, so wie es auch die deutschen getan haben, auf Deutsch und Englisch über die Strecke. Morgen geht es nach Linz, wo die TID am Zeltplatz des Ruder- und Kanuvereins „Donau“ von der Magistratskapelle der Stadt Linz empfangen werden wird.


Montag Inzell – Wilhering

Um sieben Uhr herum starte ich nach einem Frühstück, das ab sechs Uhr im Gasthaus Steindl angeboten wird zur für mich letzten Etappe der heurigen TID. Ich weiß noch nicht, ob ich in Wilhering oder Linz landen werde, weil ich das vom Zustand der Rampe und des Platzes in Wilhering abhängig mache, der vor zwei Wochen noch in einer Höhe verschlammt war, die ich mir vor dem Hochwasser nicht hätte vorstellen können.

Zunächst geht es 20 km zur Schleuse Aschach, wo um 11 Uhr eine Schleusung für die TID vorgesehen ist. Weil ich nach einer sehr angenehmen und ruhigen Fahrt zu früh dort bin, entschließe ich mich auf der rechten Seite eine ewig lange Strecke umzutragen. Bei der Rampe der ehemaligen Strombauleitung setze ich ein und fahre durch den von der Donau aus gesehen sehr attraktiven Ort Aschach, mit der langen Reihe seiner vielen bunten Häuser. Vier Kilometer nach Aschach taucht auf der rechten Seite die „Brandstatt“ mit ihren beiden Gasthäusern auf. Dort fahre ich in den vom Hochwasser noch recht verschlammten Hafen ein, wo nicht immer die nötige „Handbreit Wasser unterm Kiel“ vorhanden ist. Einmal muss ich aussteigen, um das Boot wieder flott zu bekommen. Dann gibt es ein gemütliches Mittagessen vor der Weiterfahrt zum Kraftwerk Ottensheim. Die Strecke ist wegen des flachen Eferdinger Beckens manchmal ein bisschen eintönig und auch der Stauraum Ottensheim macht sich früh bemerkbar. Die Schleusung für die TID ist in Ottensheim um 15 Uhr vorgesehen. Ich bin mit einigen anderen Booten zu früh dort und wir hoffen, mit einem Schiff durchgeschleust zu werden. Während unserer Wartezeit werden zwar große Schiffe geschleust, aber der Schleusenwärter mag anscheinend keine Kleinboote, denn er lässt – trotz der gesperrten Umsetzanlage in den Altarm – keine muskelbetriebenen Boote einfahren. Es scheint ein Fall von Machtdemonstration vorzuliegen, der nur psychologisch erklärt werden kann.

Um 15 Uhr kommt dann die angekündigte Schleusung nur für die TID. Die vielen bunten Boote in der großen, schwarzen Schleusenkammer, sind ein großartiger Anblick.

Nach dem Kraftwerk kommt rechts eine kleine, erst kürzlich künstlich angelegte Insel. Bei ziemlich hohem Wellengang saust der gesamte Pulk der TID, der gemeinsam aus der Schleuse heraus gestartet ist, bei guter Strömung an der Fähre in Wilhering vorbei. Die auf der Fähre wartenden Menschen werden sich wundern, was da wohl gerade an ihnen vorbeirauscht. Es ist jedenfalls kein alltäglicher Anblick.

Gleich nach der Fähre schwinge ich nach rechts ab, zu einer sehr schönen Rampe in Wilhering. Wenn sie noch verschlammt sein sollte, fahre ich weiter nach Linz. Sollte sie offen und sauber sein, ist die TID hier für mich zu Ende. Ich sehe, die Rampe ist bereits sauber und trocken, und nehme an, das gilt auch für den Parkrasen darüber. Ich kann mich noch kurz von meinem österreichischen Imker-Freund verabschieden und lande an.

Wilhering


Jetzt folgt nur mehr das Zerlegen meines Faltbootes und das Verstauen der Ausrüstung in zwei großen IKEA-Tragesäcken. Dann der Anruf bei meiner Frau, mit der Bitte, mich hier abzuholen. Schließlich sitze ich noch eine Weile auf den Packsäcken, die eben noch mein Boot waren und denke ein bisschen wehmütig an die 12 Prozent des Weges zum Schwarzen Meer, die ich nun mit der TID unterwegs war und an die Freunde, die noch weiterfahren. Sie ist mir ans Herz gewachsen, die TID.

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TID Austria



20130604

Auf der Elbe durch die Sächsische Schweiz

Kajakfahrt am Oberlauf der Elbe in einem winterlichen Frühsommer in Deutschland

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Die Anreise.

Vorletzte Maiwoche 2013, also schon fast Sommer. Vier Mann, Erich, Erwin, Gerald und ich, brechen mit zwei Autos zur Paddeltour auf der oberen Elbe in Deutschland auf. Es soll gleich nach der Grenze Tschechien-Deutschland losgehen.
Dass es uns bei der Anfahrt trotz Navi gelingt, uns in Prag zu verfahren, soll eher unerwähnt bleiben. Ebenso, dass wir zunächst vergessen, uns für Tschechien an der Grenze ein Autobahnpickerl (Vignette) zu besorgen. Nicht erwähnt wird auch, dass unsere Navis in Tschechien Autobahnen anzeigen, die erst im Bau und daher noch nicht benützbar sind. Schon erwähnt zu werden verdient, dass der Wetterbericht für diese Wochen eine Katastrophe ist, weil die Wetterdienste einen Wintereinbruch melden. Keinesfalls soll aber darüber gesprochen werden, dass wir vorhaben, bei dieser Tour nicht in Zelten, sondern in Hotels zu übernachten, denn das würde der Tour ihre Abenteuerlichkeit nehmen, mit der ich später zu Hause prahlen will.
Wegen diverser meteorologischer und navigatorischer Widrigkeiten landen wir also statt um die Mittagszeit erst gegen drei Uhr in Schmilka, dem geplanten Ausgangspunkt unserer Reise. Weil Schmilka ein zwar romantischer, aber sehr kleiner Ort ist, der nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten bietet, fahren wir 16 km weiter nach Königstein, wo wir bei der Touristeninformation eine sehr nette Dame treffen, die für unsere Unterbringung sorgt. Zehn Minuten später stehen wir schon an einer Rezeption und eine halbe Stunde nachher wandern wir bereits durch den Ort mit seiner imposanten Burg hoch oben. Bei Regen, selbstverständlich. Später essen wir in einem Gasthaus, diskutieren, wie üblich, über Gott und die Welt und begeben uns in unserem Hotel nach einem netten Glas Wein und einem Flirt mit der Kellnerin zur wohlverdienten Ruhe.

Der zweite Tag.

Nach kurzer Fahrt zurück nach Schmilka baue ich mein Faltboot zusammen und wir alle beladen unsere Gefährte für die Fahrt gen Nordwest. Außen- wie Innentemperatur ist 6°C. Entgegen allen Prognosen regnet es nicht. Zusammen mit einer anderen Paddlergruppe setzen wir an einer sehr guten Einsetzstelle ein. Die Stirn unserer beiden Autofahrer ist dabei immer noch sorgenvoll gekräuselt, weil der Parkplatz auf dem die Fahrzeuge stehen, ein Gebührenparkplatz ist, bei dem der Automat nur Karten für einen Tag ausgibt, wir aber vorhaben, eine Woche wegzubleiben. Probleme scheinen unvermeidlich.
Die ersten Kilometer mit unseren Booten gehen bei relativ großer Fließgeschwindigkeit der Elbe durch das schmale Tal der Sächsischen Schweiz, mit ihren wunderschönen Sandsteingebilden, romatisch an den Hängen aufgefädelten Dörfchen und den grasbewachsenen Ufern des Flusses.


 
Als Tagesziel peilen wir Dresden an. Wir machen hin und wieder Pausen, kommen aber ganz flott voran. Vom Wetter sind wir – nach all den Warnungen, die wir gehört haben – ziemlich begeistert. Es ist zwar kalt und wir haben Gegenwind, aber es ist trocken! Zwischendurch sehen wir blauen Himmel und manchmal scheint sogar die Sonne.
Wir begegnen Personenschiffen, hin und wieder der Paddlergruppe, die mit uns in Schmilka weggefahren ist und – was uns freut – keinem Motorboot.
Um die Mittagszeit herum machen wir Bekanntaschaft mit einer Gierfähre. Die mir bekannte Art dieser Wasserfahrzeuge ist jene, wo der Schiffskörper über eine Seilbrücke zurückgehalten wird, wenn der Strömungsdruck das Gefährt auf die andere Flussseite bewegt. In unserem Fall gibt es allerdings keine Seilbrücke, sondern das Rückhalteseil ist im Fluss, nahe dem rechten Ufer befestigt und wird mittels gelber Bojen nahe der Wasseroberfläche gehalten. Befindet sich die Fähre am linken Ufer, ist der Fluss so lange für Schiffe„gesperrt“, bis er duch die Rückfahrt der Fähre wieder freigegeben wird.

Die Gierfähre


 
Wir nähern uns der Fähre in der Sperrphase. Erwin hat bereits über dieses Fährmodell gelesen und erkennt als erster, knapp vor dem Befestigungspunkt des Seiles, was zu tun ist. Er kämpft sich einige Meter gegen die Flussrichtung ans rechte Ufer – wir wollten ohnehin eine Pause in einem Gasthaus auf dieser Seite des Flusses einlegen – und entkommt somit der „Falle“. Erich ist so weit vorne, dass er keine Chance mehr hat, als abzuwarten, bis die Fähre wieder kehrtmacht, um dann diesen Abschnitt zu passieren. Gerald und ich haben bereits die halbe Seillänge hinter uns und entschließen uns, Erwins Weg zu folgen. Dieser Entschluss bedeutet, gegen eine starke Strömung zu paddeln um uns Meter für Meter dem Ankerpunkt zu nähern um dann, an ihm vorbei, das rechte Ufer zu erreichen. Wir kämpfen uns – wie auf einem Laufband – mindestens fünfzehn Minuten mit aller Kraft Boje für Boje unserem Ziel entgegen. Einmal zurückschauen würde eine halbe Bojenabstandslänge kosten, einmal Schweiß abwischen, zwei Bojen. Also kein Zurückschauen, kein Schweiß abwischen, sondern nur paddeln. Und wie! In der Zwischenzeit hat die Fähre, ohne dass wir es bemerkt haben, den Fluss wieder freigegeben. Erich hat gleich danach am linken Ufer angelegt und Erwin hat, als er das wahrgenommen hat, die Fähre auf der zuvor noch freien rechten Seite passiert und hat dann zu Erich übergesetzt. Von dort beobachten die beiden in aller Ruhe unseren Kampf gegen die Strömung. Als Gerald und ich schließlich mit den beiden zusammentreffen, kommen wir uns zwar ein bisschen blöd vor, freuen uns aber über das erfolgreich absolvierte Paddel-Sondertraining.


Bei einem frugalen Mittagessen in einem Gasthaus besprechen wir Vor- und Nachteile von Fährentypen sowohl für die Besitzer als auch für Wassersportler. Dann stürzen wir uns wieder in die Fluten, um heute noch Dresden besichtigen zu können. Zwölf Kilometer vor der Stadt holt ein Angeber in einem federleichten Rennkajak unsere schwerbepackten Wanderboote ein und prognostiziert uns – so wie er uns einschätze – dass wir den Kanuclub hinter der alten Werft in Dresden in etwa zwei Stunden erreichen würden. Wir danken ihm für den Hinweis auf den Bootsclub. Sechzig Minuten später ziehen wir unsere Kajaks nach 41 Tageskilometern auf die Schotterbank unterhalb der Werft und machen uns zu Fuß auf die Suche nach dem Bootshaus des Dresdener Clubs. Ich frage nach dem Chef und werde an einen Herrn im hinteren Bereich des Clubgeländes, inmitten einer Schar von schwatzenden Buffetgästen, verwiesen. Als ich ihn anspreche und unser Begehr übermittle, nämlich unsere Kajaks hier übernachten zu lassen, wirkt er zunächst nicht begeistert, sagt aber, dass das gegen eine freiwillige Spende möglich wäre. Wir bekommen einen Platz zugewiesen, räumen unsere Bootssäcke mit den notwendigen Habseligkeiten für eine Übernachtung aus den Booten, verschließen die Luken und begeben uns auf die Suche nach dem „Alten Fährhaus“, wo Unterkunft versprochen wird. Wir finden diese gastfreundliche Pension nach vierhundert Metern Fußmarsch flussabwärts und können gleich unsere Zimmer beziehen.
Jetzt kommt der touristische Teil dieses Tages. Wir fragen uns zu einer Straßenbahnlinie durch, kratzen unser Kleingeld für die Tickets zusammen, das natürlich nicht reicht, ersuchen eine freundliche Dame uns einen Fünf-Euro-Schein zu wechseln, um die Differenz für eine legale Fahrt zusammenzubringen. Die Dame hat die entsprechenden Münzen, wir bedanken uns artig und fahren glücklich Richtung Zentrum. Dort besichtigen wir jedes alte Gebäude, dessen wir ansichtig werden und werfen auch einen Blick auf die Elbe, auf der wir morgen vorbeizukommen gedenken. 

 
Dann treibt uns der Hunger in ein Irish Pub. Dort wird heftig diskutiert, gescherzt, gegessen und natürlich auch getrunken. Ein Pub verlangt das.
Müde gehen wir zurück zur Straßenbahn. Auf der Rückfahrt gibt es einen ungeplanten Aufenthalt wegen einer Beinahe-Panne, aber die Fahrerin schafft es, unsere Zielhaltestelle mit nur geringfügiger Verspätung zu erreichen. Nach kurzem Fußmarsch zu unserem Quartier geht es ins Bett.

Der dritte Tag.

Frühstück ist um halb acht. Es schmeckt. Dann geht’s zum Club. Ich rüttle an der Tür: verschlossen. Gerald rüttelt nicht, sondern schiebt und öffnet damit die Schiebetür. Ich schäme mich.
Heute ist der Klubhauschef sehr freundlich, fragt von wo wir herkommen und unterhält sich ganz entspannt mit uns. Wahrscheinlich war er gestern nicht gut drauf oder ich habe bei der Anfrage ganz einfach keinen guten Eindruck gemacht.
Um etwa zehn Uhr legen wir ab. Es ist kalt, dicht bewölkt und wir haben Gegenwind. Wir wickeln uns in unsere Anoraks und paddeln mit gefühllosen Fingerkuppen. Gerald, Erwin und Erich fahren heute mit Spritzdecke und behaupten, dass es darunter mollig warm wäre. Bei mir ist es nur warm, wenn ich mich bewege. Deshalb ersuche ich um möglichst kurze Pinkelpausen.
Nach zehn Kilometern kommen wir zum Stadtzentrum, das wir gestern besucht haben. Dresden mit seinen vielen Brücken ist auch vom Fluss her gesehen reizvoll. Danach erleben wir noch weitere zehn Kilometer Dresden hinter einer breiten Auenlandschaft. Seit wir die Hochwassermarken an der Elbe gesehen haben, wissen wir wofür diese Auen gut sind. Immer wieder kommen uns schmucke, alten Dampfern nachempfundene Schiffe entgegen und wir freuen uns, dass das Wetter zwar keine Geschenke für uns bereithält, aber wenigstens trocken ist. Bei Flusskilometer 81,5 finden wir nach 36 Tageskilometern die Anlegestelle des Bootsclubs Meißen. Durch den hohen Wasserstand ist sie ganz hinter Gras versteckt und ist schlammig.
Das Tor zum Bootshaus ist verschlossen, aber auf einem Schild sind Informationen und Telefonnummern angegeben. Wir werden an „Siggis Sporthaus“ verwiesen, wo uns eine freundliche Dame gegen Nennung von Namen und Heimatadresse, zwecks Eintragung in ein Buch, den Schlüssel übergibt.
Wir beschließen, den nächsten Tag in Meißen zu verbringen. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen spricht der Wetterbericht von ganztägiger Nässe und Sturm, zum anderen muss Erwin zu einem Begräbnis. Zu diesem Zweck fährt er mit der Bahn nach Schmilka, von dort mit dem Auto über Prag zurück nach Hause. Unmittelbar nach der Verabschiedung am nächsten Tag hat er vor, sich wieder ins Auto zu setzen, um am Abend zurück in Meißen zu sein. Erwin verschwindet daher gleich in Richtung Bahnhof. Erich und Gerald suchen derweilen eine Unterkunft. Ich bleibe bei den Booten. Als sie zurückkommen, haben sie bereits die Schlüssel unserer Zimmer im Hotel „Ross“, gleich gegenüber dem Bahnhof, in Händen. Mit einem freiwilligen Mitarbeiter des Bootsclubs, der inzwischen aufgetaucht ist, vereinbaren wir, dass wir am übernächsten Tag, einem Sonntag, wieder vor dem Bootsclub stehen wollen, um die Fahrt fortzusetzen. Dann geht es mit unseren Bootssäcken ab zur Herberge. Ab hier spielen wir einen Tag lang Normaltouristen. Wir schlendern in der kleinen Stadt umher, essen bei einem ausgezeichneten Italiener und vereinbaren einen Zeitpunkt für das gemeinsame Frühstück am nächsten Morgen. Vorher vergewissern wir uns noch in einem Telefonat, dass Erwin gut mit dem Auto von Schmilka weggekommen ist.

Der vierte Tag.

Pünktlich erscheinen wir verbliebenen Drei im Speisesaal. Beim Frühstücksbuffet teilt uns Erich mit, dass er die Idee geboren hätte, heute auch sein Auto von Schmilka nach Meißen nachzuholen. Das tut aber einer gemeinsamen Stadtbesichtigung keinen Abbruch. Nach den Schultern und Armen an den Vortagen sind heute die Beine dran. Ironischerweise hat der Wetterbericht von gestern für heute völlig danebengelegen. Eigentlich hätten wir entgegen aller Voraussagen ideales Paddelwetter, das wir aber nicht nutzen können, weil Erwin noch fehlt.
Weil Gerald keine Zahncreme mehr hat, scannen wir die Innenstadt nach einem entsprechenden Geschäft. Es dauert seine Zeit, bis uns ein Drogeriemarkt ins Auge springt, der Gerald seine Dentalpflege sichert. Dann beginnt das eigentliche Touristenleben. 


 
 
Wir marschieren auf die Burg, die zusammen mit dem großartigen gotischen Dom den Berg dominiert, besuchen den Dom, durchqueren die Stadt ein weiteres Mal auf der Suche nach der Porzellanmanufaktur mit angeschlossenem Museum. Beides ist sehenswert und informativ. Nachher giert Erich nach einer Konditorei. Eine bestimmte hat er schon ins Auge gefasst. Wir essen etwas Süßes und dann kriegt er – Wintereinbruch hin oder her – seinen Rieseneisbecher mit Früchten. Der Becher ist so dimensioniert, dass er eine komplette Kleinfamilie ernähren könnte. Nach dieser Stärkung fühlt er sich in der Lage, in den Zug in Richtung Auto zu steigen, während Gerald und ich nach einer Kurzrast im Hotel uns auf die Suche nach einem Weinlokal machen, um einen Schoppen sächsischen Weines zu verkosten. Wir werden bald fündig, genießen den Wein bei einem gemütlichen Plausch, zahlen den geschmalzenen Preis und warten dann beim Abendessen auf Erich. Der Hotelbesitzer hat sich für uns ein Spezialmenü ausgedacht: Spargelcremsuppe, Schnitzel mit Rösti und Spargel nicht zu knapp sowie Sauce Hollandaise. Zum Ausklang gibt es ein Parfeit. Sport ist schon was Schönes.
Bereits gegen neun Uhr abends ist Erwin wieder aus Österreich zurück. Er wird mit der gleichen Menüfolge abgefüttert wie wir, während wir uns alle das Fußballspiel Bayern gegen Dortmund, das in London ausgetragen wird, anschauen. Die Zeit ist gut investiert, wir sehen ein spannendes Match. Nach der gemeinsamen Vereinbarung der Frühstückszeit geht’s ins Bett.
Erwähnt sollte vielleicht noch werden, dass es weder für Erwin, noch für Erich Strafzahlungen wegen Parkzeitüberschreitung beim Gebührenparkplatz in Schmilka gegeben hat.

Der fünfte Tag.

Als beim Aufstehen der Regen an die Fensterscheiben klopft und der Wind die Baumkronen zerzaust, weiß ich noch nicht, dass dieser fünfte Tag gleichzeitig unser letzter auf dieser Reise sein wird. Erst nach dem Frühstück, auf dem Weg zum Bootshaus, stellen wir fest, dass das heutige Wetter nicht exakt jenes ist, was Paddeln so attraktiv macht. Den Rest gibt uns aber, als wir beim Bootshaus angelangt, Klaus aus dem Allgäu treffen, einen Wildwasserpaddler, der gerade Dienst im Bootshaus macht und uns mit seinem Wetterbericht aus dem Internet die letzte Hoffnung auf eine Änderung der nassen und windigen Verhältnisse für heute und morgen nimmt. Nach kurzer Beratung erfolgt eine demokratische Abstimmung, die eine Mehrheit für den Abbruch unserer Expedition ins unbekannte Sachsenland ergibt.
Der Rest heißt Abbau meines Klepper-Faltbootes, Verstauen der Kajaks auf den Autodächern, Verabschiedung von Klaus und einem Kollegen, der in der Zwischenzeit aufgetaucht ist und Heimfahrt. Das Navi schickt uns diesmal über die Autobahn Hof-Nürnberg-Regensburg-Passau zurück nach Linz. Weil wir den Tag trotz Dauerregens nützen wollen, besuchen wir auf der Heimfahrt noch Plauen, wo wir unter dem Rathaus mit seiner wunderschönen Fassade ein Kellerlokal finden, in dem wir uns mit dem Genuss einer sächsisch-kulinarischen Spezialität von Deutschland verabschieden und den weiteren Weg nach Linz einschlagen.
Meine Frau, die daheim immer das Wetter bei uns da oben verfolgt hat, wundert sich nicht über meine vorzeitige Ankunft. Sie hätte mich schon früher erwartet.



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Nachtrag

Es hat noch tagelang weitergeregnet. Der Starkregen, der sich über ganz Mitteleuropa ergossen hat, hat nicht nur die Pegelstände der Elbe mit ihren Zuflüssen, sondern auch die der Donau auf Höhen Steigen lassen, die das bisher höchste verbürgte Hochwasser von 1501 noch übertroffen haben.

Hochwasser 2013

Die Tür zu unserem Bootshaus am 3. Juni 2013