20170816

Die Altmühl

Viel Natur – adrette Dörfer und Städtchen – freundliche Menschen





Wir haben viel von ihr gehört, jetzt wollen wir sie mal persönlich kennenlernen, die Altmühl. Als Startpunkt wählen wir Treuchtlingen und als Ausstiegsort Beilngries, eine Stadt am Ende der Altmühl, noch bevor der Fluss zum Teil des Rhein-Main-Donaukanals wird. Wir wollen Beilngries am vierten Tag unserer Flusswanderung erreichen und stellen eines unserer beiden Autos auf einem Parkplatz in der Nähe des Campingplatzes ab. Als Anreisetag haben wir den 10. August geplant. Wie sich herausstellt, ebbt die diesjährige Hitzewelle exakt vorher ab und beschert uns auf unserer Fahrt Bewölkung, zeitweise Regen und Temperaturen unter 16°C. Als Flusswanderer sind wir zwar nicht zimperlich, aber als es am Anreisetag bereits regnet und der Wetterbericht für den nächsten Tag Schlimmeres ankündigt, sind wir „not amused“.
Wir werden im Hotel Stadthof Treuchtlingen von zwei Damen freundlich empfangen und man bietet mir sogar eine leere Halle als Platz für den Aufbau meines Faltbootes im Trockenen an. Mit hoteleigenen Regenschirmen machen wir uns dann an die abendliche Besichtigung der Stadt Treuchtlingen. Bei einem Italiener finden wir noch einen freien Tisch und genießen den auf uns leicht chaotisch wirkenden Organisationsablauf des Lokals, den engagierten Kellner und auch das Auftauchen des Kochs, als es eine offene Frage zu klären gibt.

Erster Tag:

Ich baue nach einem ausgezeichneten Frühstück mein Falt-Kajak in der angebotenen Halle auf, während Erwin und Gerald dank ihrer Prion-Kunststoffboote noch eine Stunde Hotelzimmer genießen können. Dann ziehen wir bei dräuenden Wolken über unseren edlen Häuptern die Boote auf unseren Bootswagen zur zweihundert Meter entfernten Einstiegsstelle und die Erforschung des Flusses beginnt.
Wir lernen die Altmühl als romantisches, seichtes, mit Teichrosen verziertes, sehr langsam fließendes Gewässer kennen, bei dem der Kiel immer wieder über diverse Wasserpflanzen gleitet oder dem Schotterboden gefährlich nahe kommt. Manchmal transportieren wir auf unseren Doppelpaddeln vorübergehend auch grüne Schlingpflanzen. 




Das Wetter ist besser als erwartet.Wir sehen Pappenheim und Solnhofen, ziehen an sehr schönen Gesteinsformationen, den „Zwölf Aposteln“, vorbei und begegnen Enten und Reihern. Dabei müssen wir uns immer wieder einen Weg zwischen umgefallenen Bäumen, weit ins Wasser hereinhängenden Weiden und knapp unter der Wasseroberfläche liegenden Schotterbänken suchen.
Da wir auf eine Mittagspause verzichten, geht es bis zum frühen Nachmittag nach Mörnsheim, wo wir unsere Boote regendicht verpackt am Zeltplatz Hammermühle liegen lassen dürfen, der etwa zwei Kilometer von unserer Unterkunft, dem „Gasthof zum Brunnen“ in Mörnsheim, entfernt liegt. Erwin hat klugerweise vorher mit der Wirtin Kontakt aufgenommen und die hat zugesagt, uns vom Zeltplatz abzuholen, so dass uns ein längerer Fußmarsch mit schweren Bootssäcken erspart bleibt. Dadurch sind wir motiviert, uns nachher auch bei leichtem Regen ein bisschen im Dorf umzuschauen. Wir entdecken ein ziemlich geschmackvoll renoviertes Kircheninneres, schöne und saubere Häuser und eine Art Maibaum, mit historischen Darstellungen. Durch das Dorf zieht ein regulierter kleiner Bach, der für ein bisschen mehr Wasser in der Altmühl sorgt.
Bei einem guten Abendessen und einem Glas Wein beenden wir den Tag, indem wir noch stundenlang diskutierend beisammen sitzen.

Zweiter Tag:

Nach dem Frühstück fährt uns die Wirtin zurück zu unseren Booten und kurz darauf ziehen wir schon wieder auf der Altmühl dahin, unserem Tagesziel Eichstätt entgegen. Die Flussgeschwindigkeit bewegt sich fast immer zwischen null und einem Stundenkilometer und wir sind etwas enttäuscht von der Wasserqualität der braunen Altmühl.
Es gibt relativ viele Wehre mit Umtragestellen, die aber meist in wenigen Metern zu bewältigen sind. In vielen Fällen brauchen wir nicht einmal die Bootswagen, sondern tragen oder ziehen die Kajaks über die Wiese zu den Einsetzstellen im Unterwasser. 





In Einzelfällen gäbe es auch Bootsgassen, die enden aber immer in einem Riesenschwall und wir haben gerne einigermaßen trockene Boote. An einzelnen Stellen, bei denen nur schmale Gassen zwischen knapp unter der Oberfläche liegenden Schotterbänken entstanden sind, gibt es für wenige Meter eine richtige Strömung. Da an einer dieser Stellen ein Baum tief ins Wasser hängt, bleibe ich mit einem Rad des hinter mir auf dem Kajak befestigten Bootswagens an einem Ast hängen, werde von der Strömung quergestellt und nach vorne gedrückt. Ich kämpfe zwei Minuten lang mit dem Ast und der Strömung und denke sogar schon ans Aussteigen, um das Boot zu befreien, als es sich mit einem Ruck löst. So lauern auf der Altmühl also auch gar schröckliche Gefahren!
Zwischendurch beobachten wir Wasservögel. Schön anzusehen sind die Reiher, wie sie mit angehobenem Schnabel regungslos im Wasser oder am Ufer stehen, aber immer weg fliegen, wenn sich unsere Boote auf zwanzig bis dreißig Meter genähert haben.



Auf dem stark mäandernden Fluss gibt es immer wieder wunderbare Fotomotive, an denen man nicht vorbeikommt, ohne abzudrücken, sei es wegen schöner Burgen, wegen steiler Felsen, wegen Riesenteppichen mit Teichrosenblättern und -blüten oder interessanten Vögeln.



Bereits im Bereich der Stadt Eichstätt kommen wir zu einer niedrigen Brücke von der ein großes Schild mit der Aufschrift „Durchfahrt verboten“ herunterhängt. Erwin erkundigt sich bei einer am Ufer stehenden Frau, warum Eichstätt beschlossen hat, dass hier das Ende unserer Fahrt sein soll. Sie weiß es nicht, also ignorieren wir das Verbot und fahren weiter bis zum städtischen Campingplatz, bei dem wir eine Ecke finden, die unsere Boote über Nacht ausreichend schützt. Von dort weg ist wieder ein Fußmarsch angesagt. Wie wir von einem Mann mit Hund erfahren, ist es zum vorgebuchten Hotel zwar nur eine Viertelstunde, aber es reicht, dass uns die Bootssäcke mit unseren Siebensachen die Arme um gefühlte zehn Zentimeter verlängern.
Nach Einchecken, Dusche und Kleidungswechsel fühlen wir uns in der Lage, die hübsche Stadt Eichstätt näher unter die Lupe zu nehmen. 



Wir durchwandern die gesamte Innenstadt mehrmals und machen uns, weil bereits der Hunger in den Eingeweiden bohrt, auf die Suche nach einem geeigneten Lokal. Das ist schwieriger zu finden als gedacht. Wo wir hinkommen ist entweder alles voll oder eine Gruppe von Leuten wartet schon vor der Eingangstür auf einen freien Tisch. Schließlich landen wir wieder bei einem Italiener, auch total voll, aber wir kriegen für eineinviertel Stunden einen Tisch zugesichert. Während wir versuchen, das ausgezeichnete Essen einschließlich eines Glases Chianti in der vorgegebenen Zeit zu bewältigen, kriegen wir vom ziemlich überlastet wirkenden Kellner noch einen Aufschub genehmigt, was uns den Essensgenuss rettet. Wir sind ihm sehr dankbar, denn während wir essen, muss er immer wieder neu hereindrängende Leute abwimmeln.

Dritter Tag:

Nach dem Frühstück bestellen wir ein Taxi. Unser Transport und der unseres Gepäcks zum Campingplatz ist uns die fünf Euro wert, die es kostet.
Kurz darauf schwimmen unsere Boote wieder im Wasser und wir sind wieder mit einer ähnlichen Altmühl konfrontiert, wie in den vergangenen Tagen. Diesmal vielleicht mit einer etwas weniger kurvenreichen. Auch heute gibt es wieder viele Wasservögel zu sehen, viele seichte Stellen zu überwinden, bei denen wir den Kiel nicht selten über den Schotter schrammen hören, und eine herrliche Flusslandschaft. Auf einer langen Teilstrecke ohne Wehr machen wir, um uns die Füße ein bisschen zu vertreten, am Ufer eine Mittagsrast, allerdings ohne Mittagessen. Nach uns landet eine Junge Mutter mit kleiner Tochter an. Wir hatten ihren Kajak knapp vorher überholt. Als wir an einem Holztisch beisammen sitzen kommen wir ins Gespräch und sie erkundigt sich nach unserem Woher und Wohin und auch nach unseren Kajaks, da sie vorhat, sich vielleicht auch eines zu kaufen. Das Boot, mit dem sie heute hier ist, ist ein Leihboot. Ihr Töchterchen – sie heißt Johanna, wie sie uns sagt – bietet uns von ihrem Mittagessen eine Gurkenscheibe und ein Stück Paprika an, was wir gerne und mit Dank annehmen.



Nach diesem netten Kontakt fahren wir die restlichen vier Kilometer nach Kipfenberg, unserem heutigen Tagesziel. Auch hier haben wir eine Pension vorgebucht. Einen Ausstieg finden wir bei einem Bootsverleih. Wir überlegen, ob wir unsere Kajaks hier ungeschützt liegen lassen können und entschließen uns dazu, weil wir eigentlich keine Alternative haben. Ein junger Mann mit Dreadlocks, der den Bootsverleih betreut, beobachtet uns dabei und bietet uns seine Hilfe an. Er sagt, wir können die Boote gerne über Nacht hier liegen lassen und schlägt vor, sie mit einem dünnen Stahlseil und einem Schloss zu sichern. Wir sind hocherfreut über das Angebot, noch dazu wo es heute in Kipfenberg das „Limesfest“ gibt, an dem Leute vielleicht zu alkoholbedingten, sonderbaren Überlegungen kommen könnten. Er fädelt das Seil durch meinen Bootswagen und verschiedene Ösen unserer Boote, dann um einen Baumstamm und verschließt es mit einem Vorhängeschloss. Anschließend gibt er uns den Schlüssel und sagt uns, wo wir Seil, Schloss und Schlüssel am nächsten Morgen deponieren sollen. Wir sind begeistert von der heutigen Jugend und sagen ihm das auch.



Als wir bei unserer Pension ankommen, erwischen wir gerade noch den Besitzer, der vorhat, zum Limesfest zu gehen. Auf einem Schild hätte er uns informiert, dass er in ein paar Stunden wieder zur Verfügung stehen würde. Das wäre lustig für uns gewesen, verschwitzt und mit Gepäck beladen irgendwo zu warten. So aber ist alles gut. Wir kriegen unsere Zimmerschlüssel, duschen und ziehen uns um, durchwandern den Ort und landen schließlich beim Limesfest. Dort wandeln viele Leute in historischen Kostümen, was wirklich gut aussieht. Der Trubel in der Festhalle und der Lärm ziehen uns aber weniger an. Wir gehen zurück zum Ort und besichtigen einige Lokale. Wir landen dann in einem griechischen Lokal mit hervorragendem Essen, gutem Wein und exzellenter Bedienung. Der Besitzer kennt Österreich und hat sogar mal überlegt, bei uns ein Lokal aufzumachen.
Wir genießen diesen kulinarischen Event, spazieren gemächlich zu unserer Pension und gehen früh zu Bett.



Vierter Tag:

Wie üblich starten wir den Tag mit einem Frühstück um halb acht, suchen dann unsere Boote (sie sind noch da!), schließen sie auf und sind bald wieder auf dem Wasser. Wir haben nur mehr siebzehn Kilometer nach Beilngries. Die kurze Fahrt kommt uns entgegen, weil wir heute noch zurück nach Treuchtlingen müssen, um das zweite Auto zu holen und anschließend nach Hause zu fahren.
Heute ist der erste sonnige und heiße Tag. Wir haben unsere Sonnencreme, Sonnenschutzfaktor 50 also doch nicht umsonst mitgenommen! 



Die Fahrt ist so schön wie an den vorigen Tagen, nur erleben wir heute erstmals, was uns vorausgesagt worden ist: eine Armada von Leihbooten, die den schmalen Fluss teilweise versperren. Das ist – bedenkt man den extrem niedrigen Wasserstand, bei dem man immer nach einer schmalen Fahrrinne Ausschau halten muss – nicht sehr angenehm. Heute ist das Wasser noch seichter als an den vergangen Tagen und Gerald und ich sitzen sogar einmal auf. Ich kann mich nur befreien, indem ich mitten im Fluss aussteige. Das Wasser ist knöcheltief …
Bald sind wir in Beilngries. Ungefähr dreihundert Meter vor der öffentlichen Ausstiegsstelle finden wir den Ausstieg des Campingplatzes, bei dem wir anlanden. Wir entdecken eine freie Wiese, die sich zum Abbau meines Faltbootes eignet und wo auch genügend Platz für die Kajaks von Gerald und Erwin ist. Während ich mich an den Abbau meines Bootes mache, erkundigen sich die beiden bei der Campingrezeption, ob wir die Erlaubnis haben, das Gelände des Platzes für unser Vorhaben zu benützen. Die Leute sind sehr nett und wir kriegen die Genehmigung ohne Probleme. 



Dann fährt Erwin mit Gerald in meinem Auto nach Treuchtlingen, zu Geralds Wagen um mit beiden zurückzukommen. Ich erwarte die Zwei in zweieinhalb Stunden. Obwohl ich langsam arbeite, bin ich in einer Dreiviertelstunde mit dem Zerlegen meines Bootes fertig. Dann beginnt die Wartezeit, die mir aber entgegenkommt, weil die Bootshaut in der prallen Sonne ordentlich trocknen kann. Die beiden kommen mit den Autos pünktlich zurück und in der nächsten halben Stunde beladen wir die Fahrzeuge, bevor wir zum Abschluss-Mittagessen ins Zentrum von Beilngries fahren. Wir finden einen schönen Gastgarten, trinken eine Apfelschorle und essen einen großen, bunten Salat. Dann verabschieden wir uns von der Altmühl und auch voneinander. Wenn alles gutgeht, werden wir in dreieinhalb Stunden in Linz einfahren.

20160824

Dreiflüssefahrt Salzach - Inn - Donau

 Von Oberndorf/Laufen bei Salzburg nach Wilhering bei Linz

Eigentlich hatten wir nur Inn-Donau vor, doch dann hat uns der Chef des Braunauer Kanu-Clubs aufgrund unserer E-Mail-Anfrage wichtige Tipps gegeben, auf deren Basis wir die Salzach kurz nach Salzburg dazugenommen haben. 

Bei der Vorbereitung unserer Paddeltour waren wir zu viert. Letzte Weihnachten hat aber das Herz eines unserer Kollegen viel zu früh zu schlagen aufgehört. Wir verbliebenen drei, Erwin, Gerald und ich, haben uns aber entschlossen, die Tradition unserer Sommerfahrten fortzusetzen. Diesmal also als Dreiflüssefahrt bis zu unserem „Heimathafen“ in Wilhering, gegenüber Ottensheim. Zwei Tage vor der Abfahrt bekommen wir von Gerald die Mitteilung, dass er zum geplanten Termin krankheitsbedingt ausfallen wird. Pfffffff. Erwin und ich entschließen uns, die Tour trotzdem anzugehen.

Unser Ausgangspunkt in Google Earth. Deutlich Sichtbar die Schotterbank an der Biegung in Laufen.
Am Donnerstag, dem 11. August 2016 werden wir, mit Erwins Kajak auf dem Dach, von meiner Frau Gertrude nach Oberndorf chauffiert. Im Gasthaus Bauernbräu, nur ein paar hundert Meter von der Salzach entfernt, finden wir Quartier für uns und unsere Boote. Während ich mein Klepper-Faltboot zusammenbaue begibt sich Erwin zusammen mit Gertrude auf die Suche nach einer passenden Einstiegsstelle. Sie entdecken eine hervorragend geeignete Schotterbank in Laufen, auf der deutschen Seite, die über eine Fußgängerbrücke leicht zu erreichen ist. Als die beiden zurückkommen, ist aus meinen drei Packsäcken schon wieder ein Boot geworden, das wir zusammen mit Erwins Prion-Kajak in der Garage unseres Quartiergebers parken dürfen. 

Nach einem gemeinsamen Abendessen setzt sich Gertrude mit dem Auto in Richtung Heimat in Bewegung und wir sind für die Heimfahrt wieder mal nur auf unsere Arme angewiesen. Eigentlich auch auf unsere Beine, denn es werden nicht wenige Kraftwerke mit Umsetzanlagen zu überwinden sein.

Freitag:

Ein grauer Himmel berieselt uns dauerhaft mit Nieselregen. Das soll den ganzen Tag so weitergehen. Wir ziehen unsere Boote auf den Bootswägen an der StilleNacht-Kapelle, die zu Ehren von Franz-Xaver Gruber und Joseph Mohr, den Schöpfern des weltweit bekannten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“ erbaut worden ist, vorbei, bis zur Salzach. Auf der Brücke begegnet uns ein Herr, der uns vor einer Schwallstrecke in etwa zwei Kilometern warnt und uns rät, diese links zu durchfahren. Nach der Brücke halten wir links auf die Schotterbank zu. Wir starten also in Deutschland. Um 9:30 Uhr setzen wir ein und werden gleich von der starken Strömung fortgespült.

Ganztägig Nieselregen

Die Schwallstrecke ist bald erreicht, schüttelt uns einige Zeit ordentlich durch, stellt aber keine wirkliche Schwierigkeit dar. 

Nach eineinhalb Stunden und 22 km fahren wir an der linksseitig liegenden Stadt Tittmoning vorbei. Die Strecke war bisher landschaftlich nicht berauschend, da die Salzach in ein Kanalbett gezwängt worden ist, das man jetzt – wie wir hören – wieder rückbauen will. Kann natürlich auch sein, dass wir das durch den grauen Vorhang des Nieselregens nicht objektiv zu beurteilen in der Lage sind.

Salzachdurchbruch

Auf diese feuchte Art und Weise geht es dann weiter bis Burghausen. Als wir an der mächtigen Burg vorbeifahren, läuten gerade die Mittagsglocken. Kurz danach wird die Strömung schwächer, weil der Rückstau des nahen Innkraftwerkes schon weit in die Salzach hineinreicht. Jetzt muss wieder jeder Kilometer hart erarbeitet werden. Die Mündung der Salzach in den Inn ist für uns kaum auszunehmen. Wir fahren einfach auf einem riesigen See, der irgendwann von der Salzach zum Inn geworden ist. Schließlich sehen wir die Ursache des Staus, das Kraftwerk in der Ferne und freuen uns schon auf die baldige Ankunft in Braunau. Beim Kraftwerk erwartet uns aber eine ziemlich fürchterliche Anlegestelle der Umsetzanlage in Form einer verschlammten, glitschigen, hoch aufragenden Betonplattform. Liebe Innkraftwerke, gebt eurem Herzen einen Stoß und tut was für die Wassersportler. Ein einfacher Schwimmsteg wäre nett oder noch netter wäre eine Rampe.

Nach einer zirkusreifen Überwindung dieser Hürde ziehen wir die Boote zur Einsetzstelle im Unterwasser, die schon etwas besser ausschaut. Von dort ist es nur noch ein Katzensprung bis zur Enknach (rechts), in deren Mündungsbereich sich das Bootshaus des Kanu-Clubs Braunau befindet. Die Enknach ist erst im letzten Augenblick zu erkennen, aber zwei Innbrücken, die gleich dahinter kommen, sind ein guter Anhaltspunkt für die Orientierung. Beim Kanu-Club lernen wir dann endlich den hilfreichen Kollegen kennen, der uns schon vorher mit guten Tipps versorgt hat und nun unterstützend zur Seite steht.


Beim Kanu-Club Braunau

Wir erfahren, dass morgen Abend eine große Fackelfahrt des Klubs geplant ist. Leider sind wir dann schon wieder viele Kilometer weiter.

Wir lassen die Boote über Nacht im Bootsclub und machen uns zu Fuß, mit den Bootssäcken bepackt, auf den Weg ins vorbestellte Hotel. Die Dusche ist eine Wohltat, ebenso das Abendessen und der Spaziergang durch die Stadt. Wir gehen ziemlich früh zu Bett.


Braunau

Samstag:

Nach einer ruhigen Nacht und einem wirklich guten Frühstück wandern wir die zehn Minuten zum Kanu-Club, bepacken unsere Kajaks und machen sie fahrbereit. Der Einstieg in der ruhigen Enknach um 9:20 Uhr ist sanft und angenehm. Bald biegen wir vom Bach wieder in den Fluss ein und wollen heute Schärding ansteuern. 

Die Sonne scheint und wir haben eine ruhige Fahrt bis zum Kraftwerk Ering. Die Rampe an der Umsetzanlage auf der rechten Flussseite ist weithin sichtbar und Teil einer sehr guten Umsetzanlage. Wir sind nun zehn Kilometer gefahren und genießen die Stille. 

Angenehm auf der Fahrt am Inn ist die Ruhe, die Abwesenheit von Schiffen und Motorbooten und die Breite des Flusses. Strömung ist nach den Kraftwerken nur für relativ kurze Strecken spürbar, dann macht sich wieder der Rückstau des nächsten Kraftwerkes stark bemerkbar. Durch die flache Gegend verändert sich die Landschaft mit Blick vom Boot aus kaum wesentlich.

Stille


Nach zwölf Kilometern kommen wir zum Kraftwerk Eggling, wo natürlich wieder umgetragen werden muss. Auch hier auf der rechten Flussseite. Die Umsetzanlage ist gut, was bei der Menge an Kraftwerkshürden, wie sie der Inn aufbietet, eine angenehme Erscheinung ist. Wir ziehen dann 15 km weiter bis zum nächsten Kraftwerk vor Schärding. Die Umsetzanlage hier erfordert gutes Schuhwerk, denn bis zum Unterwasser müssen die Boote auf den Bootswägen ungefähr einen dreiviertel Kilometer durch eine Siedlung und dann die Straße entlang geschleppt werden, bevor der Inn wieder in Sichtweite kommt. 

Weil wir beide nicht wissen, ob es im Stadtbereich Schärding eine geeignete Ausstiegsstelle gibt bzw. einen Platz wo man die Boote liegen lassen kann, entschließen wir uns, das Einsetzen auf den nächsten Tag zu verschieben und die verbleibenden fünf Kilometer mit dem Taxi zurückzulegen. Wir machen die Boote dicht, lassen sie kurz vor der Einsetzrampe neben einem Spazierweg liegen und gehen mit den Bootssäcken beladen zur Straße hoch, um von dort aus ein Taxi zu rufen. Unsere Erscheinung ist wahrscheinlich nicht nur für den Taxilenker gewöhnungsbedürftig. Er fragt uns, was wir da mit uns herumschleppen.

Schärding


Nach dem Einchecken im Hotel und der Dusche, die uns wieder zu zivilisierten Menschen macht unternehmen wir in einem Café am wunderschönen Stadtplatz etwas gegen unsere Dehydrierung, bevor wir uns zwecks Abendessen einen Chinesen suchen. Nach Frühlingsrolle und Hauptspeise geht es in ein anderes Café, wo wir ein großes Eis vertilgen. Wir tun das zu Ehren unseres verstorbenen Freundes, der solche Abende immer mit einem Riesen-Eisbecher zu beschließen pflegte.

Bei einem anschließenden Spaziergang durch die Stadt sehen wir, dass eine Treppe für den Ausstieg zur Verfügung gestanden wäre, allerdings kein Stellplatz für unsere Boote. Außerdem gibt es auf der deutschen Seite, in Neuhaus am anderen Innufer, mehrere schöne Ausstiegsstellen und Rampen für Sportboote. Wir besichtigen auch die Pfeiler der alten Brücke und schauen uns an, welche der Zwischenräume wir morgen für die Durchfahrt wählen wollen. Dann geht’s zurück ins Hotel und ins Bett.

Sonntag:

Das Frühstück im Stadthotel ist gut und reichlich. Wir haben die letzten Tage übrigens immer ohne wirkliche Pause durchgepaddelt, denn Umtragen kann man eigentlich nicht Pause nennen und haben nie zu Mittag gegessen. Das Frühstück musste daher für den ganzen Tag herhalten. Unser manchmal bis zu sechs Stunden dauerndes pausenloses Paddeln ist vor allem darauf zurückzuführen, dass wir mit unserem Freund Gerald heuer auch die Vernunft zurückgelassen haben. Erwin meint, Gerald hätte uns das nie durchgehen lassen!

Nach dem Frühstück bestellen wir wieder ein Taxi für den Weg zurück zum Kraftwerk und erfahren, dass der Dienst für Schärdinger Taxler erst um neun Uhr beginnt. Wir müssen also noch eine halbe Stunde warten, was uns allerdings an dem schönen Sonntagmorgen in der schönen Stadt nicht schwerfällt. Der Taxilenker ist wieder der von gestern. Auf der kurzen Fahrt legt er uns ungefragt seine politischen Ansichten dar, die aber nicht die unseren sind. Er kriegt trotzdem sein Trinkgeld.

Zurück an der Einsetzstelle stellen wir fest, dass unsere Boote noch da sind, obwohl wir sie die ganze Nacht alleingelassen haben. Die Boote sind rasch bepackt und der Inn hat uns wieder. Wir freuen uns auf die Stadtdurchfahrt, die mit der alten Innbrücke beginnt, durch die wir uns elegant durchspülen lassen. Es geht vorbei an der Innpromenade und schon beginnt wieder die busch- und baumgesäumte Auenlandschaft, die wir von gestern kennen. Es geht vorbei an Wernstein und Neuburg und wir genießen das spiegelglatte Wasser bis zum Kraftwerk kurz vor Passau. Hier kommt uns ein Kajakfahrer entgegen und Erwin fragt ihn, ob die Umsetzanlage links- oder rechtsseitig zu finden ist. Sie liegt rechts und hat als wunderbare Ausstiegsstelle eine langgezogene Rampe. Beim Einstieg im Unterwasser erwartet uns leider eine Überraschung. Die Einstiegsstelle ist zwar großartig geplant und ausgeführt, aber meterhoch versandet. Erwin entdeckt ein Stück Grasnarbe, wo man nicht einsinkt oder abrutscht. Mein Einstieg ist etwas wackelig, aber ich komme mit wenig Sand an den Füßen ins Boot. Dann wird die Fahrt wieder spannend.


Kurz vor Passau

 Passau empfängt uns zunächst mit Strudeln, die das Boot glatt wegdrehen, dann mit einem großartigen Blick auf die Stadt und schließlich mit einem Wellensalat, der durch jede Menge Ausflugsschiffe und Motorboote verursacht wird. Das geht dann, nach der Mündung des Inns in die Donau munter so weiter. Ich habe keine Spritzdecke angelegt und bemühe mich, möglichst wenig Wasser über das Deck in die Luke zu bekommen. Die Donau ist heute voller Motorboote und bei einigen hat man den Eindruck, ihre Fahrer hätten einen Dachschaden. Entweder sie halten bis zur letzten Sekunde direkt auf uns zu oder sie donnern unnötig eng mit Karacho an uns vorbei. Jedenfalls keine Zeit für uns zum Schlafen. Unser Ziel für heute ist Erlau bei Obernzell. Wir fahren auf der linken Donauseite in den Bach Erlau ein und sehen, dass unser vorgebuchtes Hotel nur ein paar Schritte entfernt ist.


Burg Krempelstein auf der österreichischen Seite
Während ich mein Boot vertäue teilt mir Erwin mit, dass er telefonisch schlechte Nachrichten von zu Hause erhalten hat. Seine Mutter ist im Krankenhaus und ihr Zustand hat sich verschlechtert. Er sieht sich gezwungen, die Tour abzubrechen. Er hat vor, noch ein Stück weiter zu fahren und sich dann auf österreichischer Seite abholen zu lassen. Wir verabschieden uns und während ich zum Hotel aufbreche, ist Erwin schon wieder auf der Donau. Die zwei Schlussetappen muss ich alleine absolvieren.


Im "Hafen" in Erlau bei Obernzell

Da Erlau nahe der Stadt Obernzell liegt, frage ich beim Hotelwirt nach, ob es eine Möglichkeit gibt, ein Taxi für die fünf Kilometer zu mieten. Die ernüchternde Antwort: Man kann ein Taxi aus Passau kommen lassen, das koste aber nur für die Anfahrt schon 25 Euro und für die Rückfahrt natürlich dasselbe. Ich verzichte also auf die Stadtbesichtigung und lerne dafür Erlau ein bisschen näher kennen. Nach einem leichten Abendessen gehe ich früh schlafen, vergesse aber nach den Frühstückszeiten zu fragen.

Montag (ein österreichischer Feiertag):

Um viertel nach sieben stehe ich vor der verschlossenen Tür zum Frühstücksraum. Um halb acht ebenfalls. Um acht Uhr werde ich schließlich eingelassen. Es gibt ein gutes Frühstück, bevor ich mich auf den Weg zum Boot machen kann. Um 9:30 Uhr bin ich dann wieder auf dem Wasser. Nach ein paar Kilometern fahre ich an Obernzell vorbei und beschließe, diese Stadt mal mit dem Auto zu besuchen. Heute heißt es nur einmal umsetzen und zwar am Kraftwerk Jochenstein. Die Umsetzanlage ist rechts und gut ausgeführt. Beim Einsetzen im Unterwasser muss ich mich mit einem Angler ins Einvernehmen setzen, der die Rampe besetzt hält. Wir finden eine für uns beide akzeptable Lösung. Es folgen wieder unglaublich viele Ausflugsschiffe und Motorboote. Verkehr wie im Ruhrpott.

Die Donaustrecke mit den Burgen, Ruinen und Schlössern

Es geht an der österreichischen Marktgemeinde Engelhartszell und dem Kloster Engelszell vorbei, dann kommt links das im Jahr 1240 erbaute Schloss Rannariedl. Rechts folgt Wesenufer und später links das Schloss Marsbach und die RuineHaichenbach auf dem Gipfel der Schlögener Schlinge. Als der Ort Schlögen in der Ferne sichtbar wird, dauert es noch eine halbe Ewigkeit, bis ich ihn erreiche. Die Strömung ist schon nach Wesenufer deutlich geringer geworden und es gibt wieder mal keinen Stundenkilometer gratis. 

In Schlögen kommen zu den Motorbooten und Ausflugsschiffen noch ein paar Fähren. Der Steuermann einer hölzernen Querfähre gebärdet sich besonders aggressiv und hupt wie ein Hochseeschiff, obwohl er noch weit weg ist und sieht, dass ich ganz sicher schon aus seiner Linie bin, wenn er dort anlangt. Vielleicht ist es die Hitze. Die Schlögener Schlinge zieht sich ganz schön. Es sind insgesamt fast fünf Kilometer, die man auf der Donau von Schlögen aus zuerst nach Nordwest und dann nach Südost fährt, bevor man in Inzell ankommt. In Inzell gibt es eine ganze Reihe guter Aussetzstellen und ich wandere mit meinem Boot am Bootswagen zum „Haus Maria“, einer kleinen Pension, in der Erwin für mich ein Zimmer bestellt hat. In einer Gartennische darf ich mein Boot lagern. Nach der obligaten Dusche und dem Kleidungswechsel rinnen zwei „gespritze Apfelsaft“ durch meine Kehle. Zum Essen ist es noch zu früh.

Die kleine Pension in Inzell
Als sich eine Längsfähre nähert, um Radfahrer mitzunehmen, erkenne ich den „Käpt'n“. Es ist ein junger alter Bekannter, den ich Jahre nicht mehr gesehen habe. Wir verabreden uns nach seinem Dienstschluss beim Gasthaus Reisinger auf ein Abendessen. Um halb sechs trifft er auf seiner Fähre ein. Es wird ein kurzweiliger Abend, bei dem wir uns über Gott und die Welt, frühere und aktuelle Ereignisse, interessante Erlebnisse und gemeinsame Bekannte unterhalten. Kurz vor der Dämmerung muss er weg, das Boot in die „Garage“ bringen. Ich gehe wieder früh zu Bett.

Dienstag:

Morgens um dreiviertel neun bin ich wieder auf dem Wasser. Es ist heute fast gespenstisch ruhig. Keine Schiffe, keine Motorboote, nur die glatte Donau, die ich mit meiner Kielwelle verziere. Ich komme nach fünf Kilometern bei Obermühl vorbei, dann, nach zehn Kilometern bei Untermühl mit dem prächtigen Schloss Neuhaus, hoch oben am Berg. Dann folgt das Kraftwerk Aschach mit einer guten Umsetzanlage. Gleich nach dem Einsetzen im Unterwasser beginnt rechts der Markt Aschach, mit seiner bunten Häuserreihe, die sich der Donau entlang hinzieht.


Markt Aschach

Entwertet wird der schöne Ort nur durch eine Batterie riesiger, hässlicher Silos am Südende.
Bei der Fahrt durch eine flache Auenlandschaft kündigt sich bereits der Rückstau des nächsten Kraftwerkes an. Kurz nach Aschach komme ich an der Brandstatt, bei Eferding vorbei und dann gibt es wenig Abwechslung bis zum Kraftwerk Ottensheim. Hier führt die Umsetzanlage zur etwa zwei Kilometer langen Regattastrecke im Altarm der Donau. Von hier hat man einen sehr schönen Blick auf das Schloss und den Ort Ottensheim am linken Donauufer.
Ich möchte aber nach rechts, nach Wilhering, wo sich gleich nach der Seilfähre die Rampe befindet, wo ich mein Faltboot zerlegen und verpacken und auf meine Frau warten kann, die mich mit dem Auto wieder nach Hause bringt. Um 14:30 Uhr lege ich an.


Blick von der Regattastrecke auf Ottensheim
Es war eine schöne, abwechslungsreiche Tour, auch wenn sie als Gruppenfahrt geplant war und ich sie alleine beenden musste.

20150609

Paddeln auf der Weser - Eine Flusswanderung


Wie schön muss dieser Fluss erst bei Sonne sein!


„Wo Werra sich und Fulda küssen, sie ihren Namen büßen müssen.“ Aus beiden entsteht die Weser. Dieser Punkt auf der Landkarte, den wir mit dem Auto ansteuern, heißt Hannoversch Münden (Hann. Münden) und liegt nordöstlich von Kassel. Hann. Münden nennt sich „Dreiflüssestadt“. Vergleicht man das mit Passau, wo wirklich drei Flüsse zusammentreffen, ist es natürlich ein bisschen gemogelt.

Der Punkt, wo Werra und Fulda sich küssen und damit die Weser entsteht.


Wir, eine Gruppe von vier Kanuten aus Österreich, haben vor, genau bei Flusskilometer null zu starten und dann mal zu schauen wie weit wir in fünf bis sechs Paddeltagen kommen.



Montag:

Nach sieben Stunden Autofahrt heißt die erste Aktion zunächst mal Quartiersuche. In unserem Führer ist eines angegeben, das neben der Einstiegsstelle liegt. Weil es leicht regnet und im Hof zwischen Fahrradboxen Platz für unsere Kajaks ist, schlagen wir gleich zu. Der Besitzer ist sehr freundlich und zuvorkommend, das Preis-Leistungsverhältnis bei der Zimmermiete ist es weniger. Wir schlürfen ein Bier und besichtigen die wunderschöne Stadt mit ihren attraktiven Fachwerkhäusern, fallen bei einem Inder ein und genehmigen uns ein gutes Abendessen.



Dienstag:

Aufstehen, reichliches Frühstück, Boote auf Bootswagen zur Einstiegsstelle – eine Treppe – ziehen, Packordnung überprüfen, einsetzen und los geht’s! Noch wissen wir es nicht, aber es werden bis Sonntag 202,2 km werden, bevor wir in der Stadt Minden unsere Boote auf dem Transportwagen für die Rückfahrt zu unseren Autos verzurren.

Für die ganze Woche ist Schlechtwetter prognostiziert. Wir stellen uns auf das Schlimmste ein, das dann nicht eintritt. Wir haben meist bewölkten Himmel und Temperaturen um die 17° C mit vereinzelten Regenabschnitten, Wind und manchmal – sehr manchmal – sogar Sonne.



Die Weser hat eine gute Strömung und wir kommen trotz zeitweiligem Gegenwind zügig voran. Ohne Anorak geht heute nichts. Die Temperatur ist ideal zum Paddeln, aber weniger geeignet für Ruhepausen. Bei km 18,8 lächelt uns das Restaurant „Klostermühle“ an, das eine schöne Ausstiegsmöglichkeit bietet und wir kehren zwecks Mittagessen und Flüssigkeitsaufnahme ein.

Unser heutiges Ziel ist Bad Karlshafen, das bei km 44 liegt. Als wir nach einer ruhigen Fahrt, die von Regen bis Gegenwind alles bietet, dort ankommen, stellt sich heraus, dass alle Hotels geschlossen sind und Zimmervermieter eher an Kurgästen als an verschwitzten Paddlern interessiert sind. Noch dazu wo es nur um eine Nacht geht. Diese Erfahrung sammeln wir, indem jeder von uns an einem anderen Ufer und in einer anderen Ecke sucht und die Koordination Probleme macht. Wir beschließen, in Zukunft vorher exakt zu vereinbaren, wer im Moment wo und wofür zuständig sein soll. Als wir feststellen, dass sich hier nichts für uns auftun wird, bin ich schon leicht unterkühlt und klappere mit den Zähnen. Wir steigen wieder in unsere Boote und fahren bis km 47, wo wir in einem kleinen Ort namens Herstelle, gleich neben einer Fähre an einer guten Ausstiegsrampe fündig werden. Der Tupfen auf dem „i“ ist, dass wir in unserer Herberge auch noch etwas zu essen kriegen. Ein kühles Bier ist auch dabei. Unsere Körper verlangen nach Flüssigkeit. 



In Herstelle erfahren wir auch, dass die Weser immer wieder mal Hochwasser führt, das den Bewohnern in den letzten Jahren mehrmals große Probleme bereitet hat. Wir plauschen noch ein wenig und dann geht es früh zu Bett.

Mittwoch:

Wir bekommen ein gutes Frühstück, das Gerald aber wenig nützt, weil er mit Kopfschmerzen aufgewacht ist und nichts hinunterbringt. Wir überreden ihn zu einem Aspirin und beschließen, unseren Aufbruch ein wenig zu verschieben. Erich und Erwin föhnen inzwischen ihre Neoprenschuhe. Nach erstaunlich kurzer Zeit fühlt sich Gerald in der Lage, weiter zu fahren. Diesmal wird es eine ruhige, schöne Fahrt, bei angenehmer Paddeltemperatur. 



Nun ist zwischendurch sogar soviel Sonne dabei, dass Sonnencreme angebracht ist. Mittags kehren wir in einem Gasthaus in Wehrden ein, das auf Flusskilometer 60 liegt. Dann geht es weiter bis Holzminden, wo wir beim Kanu-Klub Holzminden (Flusskilometer 80) gleich hinter einer Brücke anlanden. Hier dürfen unsere Kajaks über Nacht schlafen, während wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft machen, was gar nicht so einfach ist. In einem ausgebuchten Hotel, gleich neben der Weser, findet sich freundliches Personal, das sich auf die Suche nach freien Zimmern in der Umgebung macht. Wir erfahren, dass uns ein zwei Kilometer entferntes Hotel aufnimmt und machen uns mit unseren schweren, wasserdichten Bootssäcken, in denen wir unser unverzichtbares Hab und Gut verstaut haben, auf den Weg. Die Idee dabei ist, das erste Taxi aufzuhalten, das uns über den Weg läuft. Fünfundzwanzig Minuten lang ist das nicht der Fall. Dann sind wir nach einer Abkürzung durch einen Park zu Fuß am Ziel. Durch die Schlepperei sind unsere Arme um gefühlte fünf Zentimeter länger geworden.

Frisch geduscht und umgezogen verlassen wir unsere schönen Zimmer und marschieren diesmal unbeschwert zurück in die Stadt. Einige von uns wollen Geld nachfassen, müssen aber erkennen, dass es im Zentrum von Holzminden zwar Banken gibt, aber keine Geldautomaten! Ein Hinweisschild an einer Bank führt uns schließlich zu einer Poststelle, die so ein Gerät aufweist. Damit haben wir den Schlüssel zum Abendessen in einem Restaurant, wo wir uns für den nächsten Tag stärken, bevor wir uns wieder auf den inzwischen sattsam bekannten Weg zu unserer Unterkunft machen.

Donnerstag:

In der Früh nehmen wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück ein Taxi, weil wir unsere Kraft nicht schon vor dem Einstieg vergeuden wollen. Ein netter Fahrer bringt uns zu unseren Booten und wir starten in den neuen Paddeltag. Es läuft gut, wenn auch regelmäßig von Regen und/oder Gegenwind unterbrochen. Es ist relativ warm. Am Ufer sehen wir – wie auch schon auf der bisherigen Tour – immer wieder Pferde, Kühe, Schafe. Auch fallen uns unzählige Windräder auf. 



Wir passieren den „runden“ Stromkilometer 100 und landen kurz vor km 111 links auf einer Schotterbank an. In einem nahe gelegenen Gastgarten verdrücken wir ein „Brötchen mit bayerischem Leberkäse“. Erich genehmigt sich wieder einmal zusätzlich einen Kuchen. Wir alle rätseln, wie er es schafft, dabei so schön schlank zu bleiben!

Gesättigt und ausgeruht beschließen wir, heute noch bis Hameln zu fahren und damit heute 54 Paddelkilometer zu machen, was bei häufigem Regen, Gegendwind und manchmal hohen Wellen gar nicht so selbstverständlich ist. Unser Flussführer verrät uns, dass wir bei Stromkilometer 120,3 auf unserer Fahrt nach Norden den Breitengrad 52°00'00“ passieren.

Bei km 125 geht es nahe an einem Kernkraftwerk vorbei. Aus einer der Anlagen am Fluss strömt weißer Schaum, der uns kilometerweit begleitet. Das ist dann besonders ekelig, wenn wir starken Regen unter Weiden im Kehrwasser abwettern müssen, wo wir mitten in dieser Brühe stehen.



Schließlich nähern wir uns bei Regen dem Kanu Club Hameln (km 134,3). Vorher kommen uns mehrmals Drachenboote (Drachenboot: langes, offenes Paddelboot, das ursprünglich auch China stammt und von einem ganzen Haufen Sportlern mit Stechpaddeln vorwärts bewegt wird. Manche Taktgeber machen dabei mit Trommeln oder lauten Rufen einen Riesenlärm) entgegen und auch der Anlegesteg des Kanu-Clubs ist von ihnen besetzt. Daneben werden am Steg laufend Ruderboote herausgehoben und es ist gar nicht so einfach, sich einen Platz an der Landeplattform zu erkämpfen. Beim Ausladen der Boote schüttet es immer noch und es ist auch ziemlich kühl. Dann kommt die Überraschung: Der Platzwart weigert sich, entgegen internationaler Regeln, unsere Kajaks auf dem Clubgelände für diese Nacht lagern zu lassen. Gott sei Dank mischt sich eine Dame ein, die hier etwas zu Reden zu haben scheint und entscheidet zu unseren Gunsten. Diese Dame beschreibt uns dann auch den Weg zu unserem Hotel, in dem wir nach einem zwanzigminütigen Fußmarsch mit unseren Bootssäcken müde, nass und durchfroren einlangen.

Diesmal brauchen wir eine Stunde, bis wir uns geduscht und umgekleidet wieder an der Rezeption treffen. Unsere Anoraks, Hosen, Spritzdecken und Fleecewesten hängen inzwischen über Heizkörpern oder auf Tischen in unseren Zimmern und trocknen vor sich hin. Wir borgen uns zwei Regenschirme aus und erkunden Hameln. Es ist eine reizvolle Stadt mit wunderbaren Gassen, Fachwerkhäusern, Plätzen und Kirchen. Dass der Rattenfänger immer und überall in Form von Gasthausnamen, Straßenschildern, Bildern, Skulpturen etc. zu finden ist, braucht nicht erwähnt zu werden. Abendessen ist diesmal mexikanisch. Den Tipp für das Lokal erhalten wir von einem jungen Paar, das wir auf der Straße gefragt haben.



Freitag:

Grandioses Frühstück, Aufsammeln und Packen unserer Boote, Anruf beim Schleusenverantwortlichen und schon befinden wir uns in der Schleuse von Hameln. Alles ganz unkompliziert. Ein Lob dem netten Schleusenwart! Alternativ hätte es noch eine Umtragemöglichkeit und eine Bootsgasse gegeben. So hat man uns aber eine bequeme Abstiegsmöglichkeit ins Unterwasser geboten. Als sich Erich aber einmal kurz das Festhalten an der schlammigen Abstiegsleiter ersparen will, wird er - nicht ganz zu unrecht ;-) - geschimpft.

Nach ein paar Minuten in der Schleusenkammer geht es bei dem in dieser Woche üblichen Wetter zügig weiter. Nach 10 km machen wir eine kurze Rast auf einer Schotterbank. 



Hier beschließen wir, bis Rinteln (km 163) zu fahren, wo in unserem Flussführer der Rintelner Kanu-Club mit Schwimmsteg angegeben ist. Es stellt sich heraus, dass es sich um ein sehr schönes Clubgebäude mit gepflegtem Rasen handelt. Der Clubwart ist nicht da. Schild: „Pause bis 16.00 Uhr“, aber die Toiletten sind geöffnet. Wir beschließen, die Boote inzwischen hier liegen zu lassen, uns eine Unterkunft zu suchen und um 16.00 Uhr wieder zurück zu kommen. 



Weil der Weg in die Stadt um eine Badeanlage herumgeht, empfiehlt uns eine Dame, eine Abkürzung am unteren Rand des Badegeländes. Ein freundlicher Platzwart lässt uns beim Haupteingang hinaus. Er sieht, dass wir schwer an unseren Bootssäcken schleppen. Gleich hinter der Brücke finden wir eine gute Unterkunft und nach unserem gewohnten Säuberungsritual geht es gemeinsam zurück zum Kanu-Club, um uns anzumelden. Was dann folgt passt gar nicht zum hübschen Erscheinungsbild des Clubs. Der Platzwart lässt uns zunächst warten. Dann begrüßt er uns, den Rücken zugewandt, indem er an einem Staubsauger herumfummelt. Ohne sich uns zuzuwenden schickt er uns in einen Nebenraum, wo er uns wieder einige Minuten warten lässt. Als er uns in einer anderen Ecke des Raumes, in der er aus einem verborgenen Gang heraus plötzlich auftaucht, Gläser spülend, wieder ohne uns anzuschauen, empfängt, kriegen wir die Mitteilung, dass wir unsere Boote hier liegen lassen dürfen. Wir haben keine Ahnung, was wir falsch gemacht haben.

Bevor wir wieder in die Stadt gehen, unterhalten wir uns mit einem älteren Herrn, der uns bereits in Hameln aufgefallen war. Er ist alleine mit einem Faltboot-Zweierkajak unterwegs und schlägt hier sein Zelt auf um zu übernachten, bevor er die Tour hier beendet. Auf dem Weg in die Stadt nehmen wir wieder den langen Weg, weil wir auch unsere Beine trainieren wollen.

Samstag:

Schon beim Aufstehen die Überraschung des Tages: Es ist Sommer! Beim Frühstück legen wir als Ziel für heute den Campingplatz in Vössen (km 187,4) fest, damit uns für Sonntag noch 15 Flusskilometer bis Minden bleiben, wo wir am selben Tag noch nach Hann. Münden rückgeholt werden.

An unserem heutigen, vorletzten Tag auf der Weser, haben wir lange Zeit Sonne. Es ist eine herrliche, meditative Fahrt. Nach 13 km machen wir Rast auf einer Schotterbank und genießen die Sonne.



Die Weiterfahrt hat es dann aber in sich! Wir haben kilometerweit extremen Gegenwind, zum Teil mit sehr hohen Wellen. Wir versuchen diese Unbill in Ufernähe abzufangen. Später sind wieder unsere Anoraks gefragt. Es setzt Regen ein. Wie gewohnt, wettern wir die Phasen mit Starkregen unter Weidenbüschen ab. Erwin hat einen guten Blick für geeignete Plätze.

Am Campingplatz in Vössen suche ich die Verwaltung, bekomme aber mitgeteilt, dass es sich um einen privaten Platz handelt, der keine Verwaltung hat. Man hat aber nichts dagegen, dass wir unsere Boote nahe der Slipanlage für eine Nacht liegen lassen. Wir marschieren zu unserem telefonisch avisierten Hotel, das wir in unserem Flussführer gefunden haben und das in einem Viertelstunden-Fußmarsch erreichbar sein soll. Es gehört einem Österreicher, den es hierher verschlagen hat. Das Hotelrestaurant wirbt mit österreichischer Küche! Wir werden nicht enttäuscht.

Sonntag:

Heute ist wirklich Sommer. Und zwar den ganzen Tag. Gut, bis auf den Regen am Abend, aber wir sind in dieser Beziehung bereits sehr bescheiden.
Etwas später als sonst ziehen wir die Boote ins Wasser um unsere Abschlussfahrt zu machen. Gemütlich schaukeln wir die letzten 15 km auf den Wellen in Richtung Minden und und freuen uns über die Sonne. Fünf Kilometer vor dem Ziel entdecken wir eine Schotterbank und machen eine letzte Rast am Wasser. Noch einmal saugen wir den Duft der Weser ein. Gegen Mittag landen wir am Steg des „Faltboot- und Skiclub Minden“ an, ziehen die Kajaks an Land und bereiten sie für den Rücktransport nach Hann. Münden vor. Auf einer Wiese habe ich viel Platz für den Abbau meines Klepper-Aerius-Langeiners. Weil sonst alles zu glatt gegangen wäre, ruiniere ich mir beim Ausziehen meines Anoraks noch meine Brille. Ich werde mir heute die Speisekarte vorlesen lassen müssen.

Alte Schiffsmühle in Minden


Unser Rückholservice hat die Ankunft des Wagens mit dem Bootsanhänger für 15 Uhr angekündigt und somit bleibt uns noch Zeit für die Besichtigung des Stadtzentrums. Heute ist in Minden „Autosonntag“. Alle Geschäfte sind offen und auf allen Plätzen sind Autos ausgestellt. Wir spazieren durch die Gegend, wundern uns über die Massen, die von einem jenseits der Weser gelegenen Parkplatz über eine Fußgängerbrücke herüberwandern und verspeisen in einem Schanigarten auf einem belebten Platz Waldbeeren-Waffeln mit Eis.

Kaum zurück auf dem Clubgelände biegt auch schon der Rückholdienst um die Ecke. Der freundliche Fahrer hilft uns beim Verzurren der Boote und dann geht es auf die zweieinhalbstündige Reise zurück an den Ausgangspunkt unserer Fahrt. Dabei kommen wir oft an den Orten vorbei, die wir in den letzten Tagen vom Fluss aus erlebt haben.



Erich verabschiedet sich noch am selben Abend, um nach Berlin zu fahren, wo sich seine Familie gerade aufhält und wir suchen uns eine Unterkunft, die wir dann auch unerwartet schnell finden. Bei der anschließenden Stadtbesichtigung bemühen wir uns, keine Fotos zu machen, die wir schon bei unserer ersten Ankunft in Hann. Münden geknipst hatten. Es gelingt teilweise :-)

Montag:

Rückfahrt nach Österreich. Das Wetter wird mit jedem zurückgelegten Kilometer besser. Für diese Woche ist sowohl zu Hause als auch auf der Weser sommerliche Hitze angesagt.

Was es sonst noch über die Weser zu sagen gibt:

Die Weser ist ein lohnender Fluss, mit guter Strömung unf vielen Aussetz- und Einsetzsstellen für Kajaks. Große Teile des von uns befahrenen Abschnitts der Weser wirken noch sehr natürlich und man kann überall Rückbaumaßnahmen erkennen. Wir haben in den Uferbereichen unglaublich viele Pferde gesehen. Immer wieder sind Herden mit grasenden und wiederkäuenden Kühen oder große Schafherden zu beobachten. Es gibt Reiher, über dem Wasser kreisende Raubvögel, Enten und Schwäne. Es gibt überall grüne Ufer, auch dort, wo man laut Karte eigentlich verbautes Gebiet vermuten würde. Sehr sympathisch ist die „Gelbe Welle“, das sind Schilder mit einem Wellensymbol, mit denen ausgedrückt wird, dass Paddler hier willkommen sind. Eine wunderbare Orientierung für Flusswanderer. Manchmal kommt uns ein Passagierschiff entgegen, das mäßige Wellen verursacht. Auf unserem Streckenabschnitt ist die Weser bis auf ein Wehr in Hameln frei fließend, mit vielen Mäandern und auch Schotterbänken.

Die Weser bei Minden

20140714

Die Mosel

Paddeln auf einem nicht fließenden Fluss inmitten von Weingärten




Freitags geht’s los.

Drei Mann und drei Boote in bzw. auf einem Auto. Als Zeitraum haben wir eine Woche Anfang Juli gewählt, weil das Wetter Anfang Juli immer gut ist. Eigentlich wären wir vier Mann in zwei Autos gewesen, aber einer ist verletzungsbedingt, wegen sportlicher Aktivitäten in einer anderen Disziplin, im letzten Augenblick ausgefallen. Wir ziehen auf der Autobahn von Linz an der Donau 700 km nach Nordwesten, wo die Mosel durch Weingärten mäandert. Es ist eine unkomplizierte Fahrt. Im Navi haben wir als Zieladresse „An der Jugendherberge 2, 54292 Trier“ eingegeben. Aus dem Internet wissen wir, dass dort die „Trierer Kanufahrer“ hausen. Wir finden das Bootshaus problemlos und werden von den heimischen Paddlern und einer netten Dame freundlich empfangen und unterstützt. Weil es regnet, darf ich mein Faltboot im Bootshaus zusammenbauen. Auf dem Klubgelände können wir für den Zeitraum unserer Reise unser Auto parken.



Wir wandern mit den Bootssäcken ins Hotel, gehen zunächst in ein Restaurant mit Fernsehgerät (es ist Fußball-Weltmeisterschaft), schauen uns aber die 2. Halbzeit beim „Public Viewing“ auf einem gerammelt vollen, großen Platz an. Dann trotten wir müde zurück ins Hotel.

Samstag

Beim Frühstück unterhalten wir uns über „basische Ernährung“, weil einer von uns, ich sag nicht wer, vor einem Monat eine entsprechende Kur nötig hatte, um zehn Kilo abzunehmen. Es ist ihm so gut gelungen, dass ich ihn bei der Abfahrt kaum erkannt habe. Wir drücken Eier, Wurst, Butter, Cereals, Marmelade Honig und Brot in uns hinein und wissen aus dem Wetterbericht, dass in dieser Woche alles möglich ist, nur kein wirklicher Sonnenschein.
Im Bewusstsein, dass es eine feuchte Woche werden wird, schieben wir bei Flusskilometer 191 unsere Boote ins Wasser. Als wir drinnen sind, entsteht der Verdacht, dass wir mangels Fließgeschwindigkeit nur relativ langsam vorankommen werden. Dafür werden wir uns aber auch jeden Zentimeter eigenhändig erarbeitet haben.



Im Laufe der Fahrt erkennen wir, dass die Mosel für Kajaks kaum Ausstiegsmöglichkeiten bietet. Es gibt nur an ganz wenigen Stellen Rampen oder geeignete Anlegestellen, von Schotterbänken als Rastmöglichkeit gar nicht zu reden. Auf den steilen Hängen des Moseltales, die sich rechts und links von uns zeigen, ist jeder Quadratzentimeter Boden mit Reben bedeckt. Schaut reizvoll aus und macht uns schon in der Früh den Mund für eine abendliche Verkostung der Moselweine wässrig.
Die Fahrt ist schön, aber großteils verregnet. Da die Lufttemperatur bei 20°C liegt, macht uns die Feuchtigkeit von oben kaum Probleme. Unter unseren Anoraks und den Spritzdecken ist es fast zu warm.
Nach ein paar kräftigen Güssen finden wir am frühen Nachmittag in Pölich, bei Stromkilometer 169, links einen Bootshafen, wo wir gleich rechts an einer Slipanlage aussteigen, weil wir eine Pause machen wollen. Weil es immer noch regnet und uns der Hafenmeister ein Hotel in der Nähe empfiehlt, entschließen wir uns dann aber, im Ort Pölich zu übernachten. Nicht ganz unmotivierend war dabei, dass am Abend ein Weinfest angesagt war! Wir besuchen dieses auch, aber darüber schweigt die Chronik.

Sonntag

Nach einem einfachen Frühstück treten wir den Rückmarsch zu den Booten an. Mit unseren Bootssäcken behängt wie die Christbäume, müssen wir auf Beobachter einen interessanten Eindruck gemacht haben. Bald sind wir wieder aus dem Hafenbecken draußen. Habe ich schon erwähnt, dass es im Moment nicht regnet? Es regnet nicht!



Wir erreichen nach zwei Kilometern das Kraftwerk Detzem. Weil es keine Bootsgasse gibt und wir nicht umtragen wollen, benutzen wir die Selbstbedienungsschleuse für Sportboote. Auf einer elektronischen Tafel wird jeder Schritt, der dabei zu unternehmen ist oder welche Vorgänge im Moment laufen und wie lange diese dauern, hervorragend erklärt. Der Nachteil beim Schleusen ist die lange Wartezeit. Hier haben wir noch dazu neun Meter Absenkung zu absolvieren.
Bei schwülem Wetter fahren wir bis Piesport/Niederemmel. Dort finden wir bei Flusskilometer 148 vor einem Hotel eine geeignete Stelle zum Aussetzen. Wir können die Boote schonend über eine Graskante herausziehen.



Ziemlich verschwitzt erkundigen wir uns ob Zimmer frei wären und bekommen prompt welche. Die Boote dürfen wir auf Bootswagen auf dem englischen Rasen des Hotelparks liegen lassen. Eine Stunde später durchqueren wir geduscht, geschnäuzt, gekämmt und adrett gekleidet das Hotelportal und begeben uns auf die Suche nach Sehenswürdigkeiten. Leider werden wir bei diesem Bestreben durch einen hinterhältigen Eissalon ziemlich aufgehalten. Abendessen gibt’s später dann im Gastgarten des Hotels unter einem Sonnenschirm. Als das Essen serviert wird, wird aus dem Sonnenschirm ein Regenschirm und ein paar Minuten später ersucht uns das Personal bereits, diesen Ort in Richtung Trockenheit zu verlassen, weil uns der Schirm bei dem zu erwartenden Sturm bald um die Ohren fliegen könnte. Wir kommen dem Vorschlag gerne nach, ergattern einen Tisch mit Panoramablick und beobachten, was hier gerade über Land und Wasser zieht. Beim Essen beschwert sich Erwin, dass wir bisher eigentlich noch nichts geleistet hätten. Wo er recht hat, hat er recht.

Montag

Nach kurzer Zeit erreichen wir bei Flusskilometer 138,5 dir Staustufe Wintrich. Hier gibt es eine Bootsgasse! Ich melde mich freiwillig für die Erstdurchfahrt. Meine beiden Kollegen lesen mir den Ablauf, der auf einer Tafel an der Kaimauer steht, genau vor. Nützt aber nichts. Ich missverstehe eine der Anweisungen und fahre zu früh in die Gasse ein, was den Schleusenwärter veranlasst, nachzuschauen, ob ich heil unten angekommen bin. Als er sieht, dass trotzdem alles geklappt hat, gibt er die Gasse für die anderen wieder frei. Ich warte währenddessen unten mit meiner gezückten Outdoor-Kamera auf meine Kollegen. Beim ersten murkse ich an der Kamera herum, weil ich wegen der Spiegelung am Display kaum etwas sehe. Erst als er herunten ist, kriege ich es hin. Zu spät. Mit diesem Erfahrungsschatz schaffe ich es schließlich, die nächste Durchfahrt zu dokumentieren.
Auf der Weiterfahrt sehen wir – wie auch schon bisher – rechts und links des Flusses ein reizvolles Dörfchen nach dem anderen.



Zwischendurch finden wir tatsächlich mal eine Schotterbank! So eine Gelegenheit zwingt uns förmlich zur Rast. Wir verspeisen unsere Käsesemmeln und Äpfel, die uns Erwin selbstlos in aller Frühe besorgt hat.
Weiter geht es, vorbei an Mühlheim, Bernkastel-Kues und Wehlen bis zur Staustufe Zeltingen, bei Flusskilometer 124. Hier gibt es wieder eine Bootsgasse. Eine mit einem ordentlichen Schwall im Unterwasser. Ich hätte halt doch die Spritzdecke nehmen sollen ...


Als ich einen Kilometer weiter, bei Zeltingen-Rachtig das Boot innen wieder trockenlege, spricht mich jemand auf mein Klepper-Faltboot an. Ein Ehepaar, das früher begeistert mit einem Zweier-Kajak von Klepper unterwegs war, nützt die Gelegenheit zu einem Plausch mit uns. Wir kriegen wertvolle Tipps für spätere Fahrten auf deutschen Flüssen.
Wir sind jetzt auf Flusskilometer 123 und beschließen hier zu nächtigen. Erwin macht sich auf die Suche nach einer Bleibe. Kurz darauf erscheint er mit Zimmerschlüsseln und wir bewegen unsere Boote wieder mal ein schönes Stück auf Rädern über Land. Diesmal ist es nicht nur unten trocken. Es scheint sogar ein bisschen die Sonne. Unsere Wirtsleute machen in einer winzigen Seitenstraße einen Platz frei und wir schlichten die Kajaks in eine Nische zwischen Hauswand und Blumentöpfen.



Eine Stunde später verlassen drei saubere, frisch geduschte Herren ihre Herberge und erkunden das Dorf. Auch hier finden wir wieder die aus Schiefersteinen errichteten Kirchen mit Spitzdach, die uns schon in anderen Ortschaften aufgefallen sind. Auch zahlreiche alte Häuser bestehen überwiegend aus Schiefer.
Wir finden Hochwassermarken, die zeigen, dass es hier bis in jüngste Zeit große Überschwemmungen gegeben hat.
Beim Herumstreifen genießen wir die Sonne und die angenehme Temperatur. Wir trinken Traubensaft, Moselwein und Mineralwasser, essen in einem netten Restaurant zu Abend und gehen nicht zu spät ins Bett.

Dienstag

In der Nacht hat es – wie üblich – einen Schlechtwettereinbruch gegeben. Erich hat einige Sachen auf dem Boot zum Trocknen liegen lassen. Dafür hätte es bessere Plätze gegeben. Die Temperatur ist stark gesunken. Wir erkennen: ab jetzt werden wir nicht nur nass sein, sondern auch frieren. Beim Frühstück gibt es eine längere Diskussion, wie mit den gegebenen Umständen umzugehen sei. Weil zum Kajakfahren das Fahren bei Schlechtwetter dazugehört, ergibt sich schließlich eine Dreidrittelmehrheit fürs Weiterfahren. Nass ziehen wir die Boote zum Fluss, nass steigen wir ein, nass fahren wir weiter.



Nur wenn ich mich bewege ist mir warm. Das führt dazu, dass ich gemeinsam mit dem einen Kollegen im Kreis herum paddle, während der andere draußen eine kurze Pause macht um sich die Füße ein bisschen zu vertreten. Trotzdem erkennen wir, dass auch eine Regenfahrt lustig und bereichernd sein kann. Als wir bei Stromkilometer 107, in Traben-Trarbach, allerdings eine Rampe entdecken, die sich zum Aussteigen anbietet, beschließen wir, dass auch der schönste Spaß mal ein Ende haben muss. Weil die majestätischen Schwäne, die hier herumschwimmen, auch eine Hinterseite haben, ist die Ausstiegsrampe voller Tretminen. Wir schaffen es aber doch, unsere Fahrzeuge einigermaßen sauber aus dem Wasser zu bekommen und unter eine nahe Straßenbrücke zu ziehen. Erich und Erwin finden 50 Meter weiter ein Hotel, bei dem wir die Möglichkeit haben, die Boote in der Tiefgarage abzustellen, wo wir auch unsere Ausrüstung trocknen können.
Donnerstag war unser geplanter Heimreisetag. Für Mittwoch ist aber noch schlechteres Wetter angesagt, als heute. Also wieder einstimmiger Beschluss: Wir beenden hier unsere Moselfahrt.
Knapp darauf ist Erwin schon mit dem Zug unterwegs zu seinem Auto in Trier. Kaum dreieinhalb Stunden später ist er wieder zurück. Wir wandern mit Leih-Regenschirmen aus unserem Hotel ein bisschen in der Stadt herum, essen zu Abend und schauen uns um 22 Uhr das Weltmeisterschafts-Halbfinalspiel Brasilien-Deutschland an, das wohl keiner, der es gesehen hat, je vergessen wird.

Mittwoch

Wie durch die Wettervorhersage angekündigt, regnet es, als wir die Boote am Autodach verzurren. Es regnet auch fast auf der ganzen Rückfahrt. Sollte jemand fragen, wie das Wetter bei unserer Moseltour war, können wir aber trotz allem sagen: „Gut. Hat gepasst.“